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Geheimtipp Porto Rafael: Auf Sardinien werden Träume Wirklichkeit

Geheimtipp Porto Rafael

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Der spanische Graf & Künstler Rafael Neville realisierte in den 1960er-Jahren hier seinen Traum – den Geheimtipp Porto Rafael!

Header-Foto des Beitrags “Geheimtipp Porto Rafael”: Depositphotos

Es ist das Jahr 1960 und das Hippie-Zeitalter zeichnet sich am Horizont ab, ist aber noch nicht ganz angekommen. Im Januar fliegt der Rhesusaffe Miss Sam mit der Mercury-Kapsel in den Weltraum.

Im Schweizer Kanton Genf erhalten im März desselben Jahres auch Frauen das Stimmrecht und im November gewinnt John F. Kennedy in den Vereinigten Staaten ganz knapp die Präsidentschaftswahlen gegen Konkurrent Nixon.

Kunst und Kultur brodeln. Im Mai 1960 bekommt der Film La Dolce Vita von Federico Fellini die Goldene Palme in Cannes verliehen und im August tritt eine noch unbekannte Band unter dem Namen The Beatles im Hamburger Rotlichtviertel St. Pauli auf.

Harper Lee veröffentlicht das Buch Wer die Nachtigall stört (Originaltitel: How to Kill a Mockingbird). Im Radio spielt Elvis Presley’s Hit It’s now or Never hoch und runter und besingt damit den Zeitgeist.

Jetzt oder nie, es herrscht Aufbruchsstimmung! Es ist das Jahr, in dem Porto Rafael von Graf Rafael Neville Rubio gegründet wird.

Rafael, der Künstler aus dem spanischen Königshaus

Rafael Neville Rubiu, Graf von Berlanga y del Duero, kam als Sprössling einer spanischen Adelsfamilie und voller Abenteuerlust auf die Welt. Das Kind aus gutem Hause war der 1926 in Malaga geborene Sohn der Tante des Königs von Spanien, Margherita Rubiu Arguelles.

Seinen Hang zur Kunst hatte Rafael wahrscheinlich vom Vater Edgar Neville geerbt. Der war Produzent von Charlie-Chaplin-Filmen, Schriftsteller, Diplomat und verkehrte mit dem spanischen Maler Pablo Picasso.

Bald zog es den 17 Jahre alten Rafael hinaus in die Welt, wo er in Marokko, Frankreich und England zahlreiche Abenteuer erlebte und viele „seltsame Arbeiten verrichtete“, wie es in mehreren Quellen heißt. Der gutbetuchte Jüngling reiste nicht nur viel und sprach mehrere Sprachen, er war es auch gewohnt, in der High Society zu verkehren.

Sein erstes Immobilienprojekt entstand auf dem Land seiner Großmutter, Doña Carlotta Alexandri, an der Costa del Sol im südlichen Spanien. Mit seiner mitreißenden Art und seinem großen Charisma lockte der junge Rafael das gesamte Jet-Set der damaligen Zeit in das kleine Dorf, das schnell zum Treffpunkt der Schickeria Europas wurde.

Als er Ende der 50er-Jahre in Paris ansässig wurde, hatte der Vater für ihn ein Studium der Architektur an der Sorbonne vorgesehen. Daraus wurde jedoch nichts, denn der adelige Rebell zog den Tanz der Architektur vor und verfolgte seine Karriere als Tänzer im Folies Bergères in der Truppe von Josephine Baker.

Lebe deinen Traum

Es war ein Traum, der Rafael zum Aufbruch aus Paris veranlasste: Eine kleine Bucht mit einigen wenigen weißen Häusern auf einer Insel, eingebettet in die wilde Landschaft, davor am Horizont weitere Inseln im strahlend blauen Meer: sein Königreich. So machte sich Rafael auf, um den Ort seiner Träume zu finden.

1958 erreichte er das erste Mal mit seiner Lambretta – im echten Dolce Vita-Stil – via Schiff aus Barcelona die Insel Sardinien. Seinen Traum vom Paradies mit sieben Inseln wollte er hier zur Realität machen. Lange dauerte die Suche, nie war er mit den Landstrichen zufrieden, die ihm die lokalen Autoritäten und Landbesitzer zeigten.

Er war bereits in Nizza gewesen und hatte schon ganz Korsika umrundet, ohne die Bucht aus seinen Träumen zu finden und auch in Sardinien hatte er alle bisherigen Angebote ausgeschlagen. Der richtige Strand hatte genaue Charakteristiken, es musste exakt der sein, der ihm im Schlaf erschienen war.

Und da war sie, nahe Palau: seine geheime Bucht, auf der aktuell noch die Schafe grasten. Nach Palau kam er mit einem winzigen Hund in der Jackentasche, zu seiner Ausstattung gehörte ein Weidenkorb, wie ihn sonst die Frauen Sardiniens für ihre Einkäufe nutzten.

Im Jahre 1960 kaufte Rafael das im Traum versprochene Land, „lu roccattoghiu” genannt, von dessen Besitzer Giovanni Cudoni und fand zuerst Unterschlupf in einem alten Militärstützpunkt.

Finanzielle Hilfe erhielt er in der Anfangszeit von Shirley Douglas, bekannt aus dem Film Lolita und später Ehefrau von Schauspieler Donald Sutherland. Die blonde Schönheit erregte großes Aufsehen im ländlichen Sardinien der 60er-Jahre.

Rafaels offene Art und sein Charisma zogen die richtigen Leute an. Der lokale Baumeister Domenico Manna wurde rasch zu einem seiner besten Freunde, 1965 entstand nach dem Projekt des Architekten Simon Mossa das Bürgermeisterhaus an der Piazzetta. Finanziert wurde der Wohnsitz des Künstlers und Mittelpunkt von Porto Rafael von den britischen Freunden Richard Ward und Rudy Wilson.

In der Zwischenzeit hatten auch viele weitere zahlungskräftige Freunde Rafaels Sardinien erreicht und brachten die besten Architekten der Zeit mit. Sie wollten ebenfalls eine Villa in Porto Rafael haben und am unwiderstehlichen Lifestyle Rafaels teilhaben. Unter ihnen der Baron Gallotti, Antony Cassel Kokczynska, die Contesse Biancoli und Lady Dufferin, die für den Besitz der Guinness-Brauerei bekannt wurde.

Mit den Benatoffs gründete Rafael die Società Anglo Italiana della Punta Sardegna und kaufte die weiteren umliegenden Ländereien auf, die zuerst von Kasimir Stramynsky und später vom jüdischen Bankier und Freund Rafaels, Dino Da Ponte, verwaltet wurden.

Heute wollen alle die berühmte Piazzetta errichtet haben. Tatsache ist, dass viele Menschen an der Entstehung von Porto Rafael beteiligt waren und dem Künstler ab dem Jahr 1960 dabei halfen, seine Vision in die Realität umzusetzen. Rafael hatte detaillierte Skizzen, wie die Piazzetta aussehen sollte, und fertigte sogar Zeichnungen der Bänke und Laternen an, die seinen besonderen Ort zieren sollten.

An der Realisation waren jedoch wichtige Architekten, wie Alberto Ponis, beteiligt, die genug technisches Know-how hatten, um das alles in die Tat umzusetzen. Dabei war es die Natur, die zu einem großen Teil die Anordnung und die Form der Häuser vorgab, die entstanden. Alles war harmonisch miteinander verschmolzen. Organische Formen, die den immensen Gedanken des Mittelmeers in sich vereinen.

Der inspirierende Rafael Neville

Rafael und der berühmte Prinz Karim Aga Khan IV. kannten einander, doch Rafael hatte um Längen nicht die finanziellen Mittel, die dem arabischen Prinzen mit britischer und portugiesischer Nationalität zur Verfügung standen. Trotzdem war es Aga Khan, der sich von Rafaels Stil für seine eigenen Projekte an der Costa Smeralda inspirieren ließ.

An Eleganz in Kleidung und Auftreten und an einen Künstler, der seiner Kunst mit Haut und Haaren verfallen war, daran erinnern sich die Zeitzeugen, wenn sie von Rafael erzählen. Er liebte alles, was schön war, während ein technischer Blick auf die Dinge in seinen Visionen fehlte.

Ein polyedrischer Künstler, der sich allen Kunstformen widmete: Er malte, sang, tanzte – all das eingebettet in seinen ureigenen Lebensstil. Geliebt von Männern und Frauen, Jung und Alt – zumindest, solange er Geld hatte, denn das wusste er mit vollen Händen auszugeben, ohne an den morgigen Tag zu denken.

Rafael war Politiker und Dichter, er hatte unzählige Facetten und verstand, diese gekonnt zu zeigen, je nachdem, mit wem er es zu tun hatte. So konnte er sich ebenso mit Noblen und Adel, wie mit den einfachen Menschen Sardiniens, vortrefflichst unterhalten. Egal wen man fragt, alle haben noch heute etwas Positives über den Mann zu sagen. Dabei war Rafael so weit weg von allen Konventionen und von den Erwartungen und dabei doch stets rücksichtsvoll, respektvoll und charismatisch.

Seine Mitmenschen zu unterhalten, war Teil seines Lebensinhalts. Rauschende Feste machten die abgelegene Bucht von Porto Rafael in Sardinien zum Mittelpunkt des Jet-Sets – besonders jedes Jahr am 21. August, dem Geburtstag des Gastgebers. Darunter waren Freunde aus aller Welt und auch solche, die es noch werden wollten.

Großzügig gab Rafael sein Geld aus und seine Türen standen für alle offen. Er tanzte Flamenco inmitten der Piazzetta, imitiert von seinen Bewunderern. Die Tage verstrichen in Gesellschaft der Freunde, zwischen Tanz und Malerei.

Träume leben ewig in Porto Rafael

So wurde aus dem Traum des jungen Rafael greifbare Realität. Die Piazzetta Rafael Neville, die über das smaragdgrüne Mittelmeer schaut, in der Ferne sind die Inseln auszumachen. Genau so wie in seiner Vision in Paris.

Nur wer selbst da war, hat die Düfte aufgesogen, die Atmosphäre gespürt und den starken Einfluss der Freigeister wahrgenommen, die diesen Ort zur Entstehung gebracht haben. Ein eigenes kleines Universum. Genie und Wahnsinn liegen ganz dicht beisammen und haben hier Raum für freies Denken und freies Leben geschaffen.

Rafael wusste sie alle in seinen Bann zu ziehen, und tut das noch heute mit seinem Erbe: Träumer und Realisten, Idealisten und Materialisten, Religiöse und Atheisten sind gleichermaßen begeistert. Es sind Gefühle, Sensationen, die sich nicht beschreiben lassen oder in Film und Foto eingefangen werden können.

Porto Rafael will erlebt werden und zwar mit so vielen Sinnen, wie nur möglich. So wie einst der Graf Rafael es tat und seine Freunde lehrte. Porto Rafael scheint in einer Parallelwelt aus dem Duft von Myrte und der salzigen Meeresluft zu existieren.

Immer offene Türen im Bürgermeisterhaus

Graf Rafael starb 1996 im Alter von 70 Jahren und fehlt seinen Gefährten von damals noch Jahrzehnte später. In seinen letzten Tagen wiederholte er oft den Satz: „Ich habe den Frieden gefunden.“ und der Tod erreichte ihn, als er trotz Krankheit einen Freund besuchte, der ihn brauchte.

Heute ist im Bürgermeisterhaus, das die Piazzetta dominiert und einst Rafaels Wohnsitz war, das Hotel Solaz Porto Rafael untergebracht. Es ist weiterhin der Mittelpunkt von Porto Rafael, hat offene Türen für Fremde und zieht Menschen aus aller Welt für Qualitätstourismus an.

Ein Yachthafen und Segelregatten erzählen in brillanten Farben von La Dolce Vita. In der Piazzetta gibt es einige wenige, sehr besondere Läden, zwischen den Gassen des Konsortiums hat Harry’s Bar für diejenigen geöffnet, die die weltberühmte Exzellenz auch im winzigen Dorf Sardiniens nicht missen möchten.

Porto Rafael ist ein Geheimtipp für den exklusiven Urlaub in Sardinien, etwas abseits vom Trubel der Costa Smeralda. Raffiniert, elitär und doch einfach und nahbar, so wie Rafael. Manche kommen direkt mit dem Boot an den zauberhaften kleinen Yachthafen, um hier herrliche Feste oder Hochzeiten zu feiern – ganz im Sinne von Rafael.

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Lydia Stöflmayr

Lydia Stöflmayr

Texterin & Autorin

Lydia ist freie Texterin, Autorin und Dolmetscherin. Sie liebt es, neue Sprachen, Kulturen und Mentalitäten kennenzulernen. Dabei spielt Sprache eine wesentliche Rolle und eben vor allem die richtigen Worte zu finden. Diese Aufgabe hat sie zu ihrer Profession gemacht.

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