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Trento, Valle dei Laghi & nördlicher Gardasee – unsere Tipps Trentino
Wann immer es meine Zeit erlaubt, vor allem außerhalb der Saison, verlasse ich gerne die Autobahn in Trento Nord, um den Wegweisern Richtung Riva und Gardasee zu folgen. Die gut ausgebaute Straße führt über Cadine, wo schon der erste der vielen kleinen Seen, der Lago Terlago, zu sehen ist.
Besonders begeistert mich jedes Mal erneut der Blick von Vezzano hinunter zum Lago di Santa Massenza und Lago Toblino.
Von unserem Charmingplace aus, dem Agritur La Dolce Mela, ist es nur ein Katzensprung hinunter ins fruchtbare Valle dei Laghi, wo sich insgesamt neun Mini-Seen aneinanderreihen, wie Perlen auf einer Kette, malerisch eingerahmt von Weinhügeln und hohen Bergen im Hintergrund. Ein entdeckenswertes Landschaftsparadies, jenseits der stark befahrenen Autobahn.
Santa Massenza, einst das «Nizza von Trentino»
Das war, bevor 1952 das Wasserkraftwerk am Minisee in Betrieb genommen wurde. Damals war der kleine Massenza-See noch smaragdgrün, die Wassertemperatur einladend zum Baden und deshalb ein beliebtes Ausflugsziel für die Bewohner von Trento. So wichtig der dort erzeugte Strom für die Bevölkerung im Valle dei Laghi auch ist, die romantische Schönheit des Dorfes und des gleichnamigen Sees hat natürlich darunter gelitten.
Eines hat sich jedoch nicht geändert: die Liebe der Bewohner zum Grappabrennen. Santa Massenza ist das Dorf mit der höchsten Konzentration an Brennereien in Italien. Ein Stopp lohnt, denn die verschlafene Ortschaft hat einen ganz eigenen Reiz.
Dass nur wenige Autos die Hauptstraße passieren, sieht man allein daran, dass in den Ritzen des Kopfsteinpflasters Gras wächst. Parken Sie am besten vor dem piccolo centro und spazieren zu Fuß weiter von einer kleinen Brennerei zur nächsten.
Derzeit gibt es noch fünf aktive Destillerien im 150 Seelen-Dorf, früher waren es einmal dreizehn. Noch heute heißen alle, bis auf die Brennerei Maxentia, mit Nachnamen Poli – mal Casimir, mal Giovanni, mal Giulio, mal Mauro und Francesco. Überall darf man verkosten und natürlich auch kaufen. Ein feiner Grappaduft liegt in der Luft, besonders im Spätherbst und Winter, wenn der angelieferte Trester gebrannt wird.
Richtig Partystimmung herrscht im Minidorf vier Tage lang Anfang Dezember in der «Nacht der Brennkolben»! Das feuchtfröhliche Grappafest ist heute weit über die Grenzen der Region hinaus beliebt.
Alle Grappa-Produzenten keltern aber auch Wein, allen voran den Weißwein Nosiola, aus der gleichnamigen, autochthonen Rebsorte des Valle dei Laghi.
Geschätzt werden die fünf Winzer ganz besonders für den Vino Santo, den heiligen Wein, der auf eine lange Geschichte zurückblicken kann. Dafür lässt man die Nosiolatrauben durch die konstanten Winde vom Gardasee auf luftigen Speichern bis in die Karwoche trocknen, daher auch der Name.
Durch diesen Trocknungsprozess verlieren die Trauben 80% ihres Gewichts. Der wenige Saft reift dann viele Jahre in Fässern seiner Vollendung entgegen. Das kleine Santa Massenza ist eine Hochburg für den Vino Santo, den nur noch wenige Winzer in diesem zauberhaften Tal der Seen produzieren.
Genießen Sie ihn mit der typischen Torta trentina Fregolotti, einem knusprigen, nussigen Krümelkuchen.
Geheimnisvolles Castel Toblino
Es ist das Lieblingsmotiv aller Profi- und Hobbyfotografen, dieses auf einer Halbinsel liegende Schloss Toblino aus dem 16. Jahrhundert. Malerisch am Fuße steil abfallender Felswände gelegen und eingerahmt von Schilf, Steineichen und Zypressen, lädt diese Burg mit dem mächtigen Turm dazu ein, Halt zu machen.
Über eine schmale Brücke geht’s hinein in den Park, wo ein Fußweg nach oben zum Castello führt, um das sich zahlreiche Legenden ranken.
Im Innern des Schlosses gibt es einen romantischen Innenhof mit Laubengängen, bemalten Holzbalustraden und Loggien. Die Wände in den Räumen sind mit wunderschönen Fresken verziert. Heute beherbergt das Castello ein Ristorante, das jedoch immer wieder wechselnde Betreiber hat und deshalb eine Empfehlung für mich schwierig ist.
Erfreuen Sie sich an dem Anblick des märchenhaften Castels im romantischen See und fahren dann weiter nach Sarche zur «Cantina Toblino». In der modernen Kellereigenossenschaft lohnt es sich, die Weine zu probieren und die fantastische Küche des jungen Küchenchefs Sebastian Sartorelli zu genießen.
Die Kellerei wurde 1960 gegründet und bewirtschaftet heute mit 600 Mitgliedern 840 Hektar, davon 40 Hektar biologisch, mit Aufwärtstrend. 2007 entstand die neue Kellerei mit der schicken Hosteria und dem integrierten Verkaufsraum für Weine und Spezialitäten aus dem Valle dei Laghi.
Beachtenswert sind die vier Wein-Versionen der heimischen Rebsorte Nosiola und die Flaschengärsekte Trento DOC, Antares brut Millesimato DOC oder der knochentrockene Antares Nature Millessimato, die beide 36 Monate in der Flasche reifen, bevor sie auf den Markt kommen.
Weil «Trento DOC», so heißen die hochkarätigen Flaschengärsekte im Trentino, sehr gefragt und Klima und Boden dafür bestens geeignet sind, pflanzen immer mehr Winzer anstelle der traditionellen Rebsorte Nosiola, Chardonnay an.
Richtig Glück hatte die Kellerei mit dem jungen Koch Sebastian Sartorelli. Der Sohn einer deutschen Mutter und eines Trentiner Vaters, beschloss nach seiner Rückkehr zu seinem Vater nach Trento, seine Technikerausbildung an den Nagel zu hängen und eine Kochlehre im Ristorante Scrigno del Duomo in Trento zu machen, das damals mit einem Michelinstern gekrönt war.
Es folgten weitere Stationen in angesagten Restaurants im Trentino und Südtirol, bis er sich 2017 als freischaffender Koch selbständig machte.
Als er für einen Abend von der Hosteria Toblino gebucht wurde, überzeugte er Verantwortliche und Gäste mit seinen Gerichten und wurde 2018 Küchenchef der Osteria und 2022 auch Direktor des Genuss-Shops. Der junge Koch versteht es, mit viel Fingerspitzengefühl traditionelle Trentiner Gerichte einen zeitgemäßen, kreativen Touch zu verleihen.
An schönen Tagen werden die feinen Menüs oder eine herzhafte Merenda mit Weinen der Kellerei auch auf der einladenden Terrasse vor dem Eingang serviert.
OlioCru – Spitzenolivenöle und mehr…
Am trentinischen Nordzipfel des Gardasees befindet sich das nördlichste Olivenanbaugebiet der Welt. Jenseits dieses Breitengrades ist die wirtschaftliche Kultivierung von Olivenbäumen nicht möglich. Die einzigartigen klimatischen Bedingungen zwischen Riva und Arco ermöglichen, dass die Früchte nicht nur reif, sondern auch besonders aromatisch werden.
In den vergangenen Jahrzehnten entstanden in diesem herrlichen Fleckchen Erde einige moderne Ölmühlen und man möchte meinen, es ist eine neue Entdeckung. Aber weit gefehlt, archäologische Funde dokumentieren, dass bereits im zweiten und dritten Jahrhundert n. Chr. hier Olivenbäume kultiviert wurden.
Bereits im Mittelalter war das Olivenöl vom Nordufer des Gardasees für seine Qualität berühmt und ein wichtiger wirtschaftlicher Faktor.
Seit einigen Jahren erlebt das Olivenöl Garda DOP eine Renaissance und Mario Morandini, Besitzer von OlioCru, hat mit seiner Leidenschaft für die Olivenkultur wesentlich dazu beigetragen.
Terroir, Geschichte, Tradition vereint mit Innovation
Cru steht für Centro Ricerche Ulivo (Zentrum für Olivenforschung) und wurde 2012 von Mario Morandini gegründet. Es ist derzeit eine der technisch modernsten Ölmühlen Europas, entwickelt aus der langjährigen Erfahrung.
Eine Besonderheit ist zum Beispiel der SPA für die frisch geernteten Oliven, das bedeutet, dass die Oliven drei Wasch- und Trocknungsdurchgänge durchlaufen, bevor sie gepresst werden.
Die Filtration wird zusätzlich zum klassischen Filtrationsverfahren durch zwei zusätzliche Technologien ergänzt, die das Produkt schützen und die Aromen optimal erhalten. Natürlich verlaufen alle Herstellungsprozesse unter Ausschluss von Sauerstoff.
Olivenöl aus entkernten Oliven
Einige der Olivenöle werden aus entkernten Oliven hergestellt. Die gewonnene Ölmenge ist zwar geringer, aber dafür entsteht ein besonders hochwertiges Produkt mit einer außergewöhnlichen Aromenvielfalt und einem sehr hohen Anteil an Polyphenolen.
Die übrig gebliebene Olivenpaste wird bei OlioCru getrocknet und zu einem feinen Pulver verarbeitet, in dem alle ernährungsphysiologischen Eigenschaften der Oliven enthalten sind.
Das Olivenmehl schmeckt, wegen der Konzentration an Polyphenole, bitter und würzig und man vermischt es am besten mit anderen Mehlen. Beliebt und sehr gesund sind die daraus hergestellten Crunchy-Sticks, die man über Salate, Suppen oder Joghurt streut.
Selbst die Kerne werden bei OlioCru nicht weggeworfen, die Samen werden vom holzigen Teil getrennt, der letztlich als Brennstoff verwendet wird. Aus den Samen wird durch ein Kaltpressverfahren Olivenkernöl mit wichtigen antioxidativen Eigenschaften gewonnen, das für kosmetische Produkte Verwendung findet.
Spitzen-Olivenöle mit vielfachen Auszeichnungen
Im schicken Verkaufsshop von OlioCru gibt es eine umfangreiche Auswahl unterschiedlicher Olivenöle, eine Pate di Olive, die Crunchy-Sticks und das Olivenpulver. Gerne berät man Sie fachmännisch und verständlich und natürlich dürfen Sie auch verkosten.
Der hohe Anspruch an Qualität wurde mit zahlreichen nationalen und internationalen Zertifikaten belohnt, unter anderem beim berühmten internationalen Olivenöl-Führer FlosOlei, Slowfood, Feinschmecker und Gambero Rosso.
Trento – die unbekannte Schöne an der Etsch
Auf der Autobahn in Richtung Gardasee fahren die meisten an Trento vorbei, nicht wissend, was sie versäumen. Trient, wie die Hauptstadt des Trentino auf Deutsch heißt, ist eine Stadt mit höchster Lebensqualität und liegt im Ranking der beliebtesten italienischen Provinzstädte immer ganz weit vorne.
Trento wurde fast 800 Jahre lang von deutschen Kaisern und Bischöfen regiert, 1796 von napoleonischen Truppen besetzt und anschließend vom Kaiserreich Österreich beherrscht, bis es schließlich nach dem ersten Weltkrieg an Italien fiel. Die Stadt war Umschlagplatz zwischen Nord und Süd, ein Globalplayer, lange bevor das Wort überhaupt erfunden wurde.
Zum heutigen Aussehen der Stadt trug auch das Konzil bei, das zwischen 1545 und 1563 stattfand. Fürstbischof Bernardo Clesio ließ für diesen Anlass ganze Stadtviertel abreißen, legte neue Straßen und Plätze an, ließ sie pflastern und die Fassaden der Palazzi bunt bemalen.
Er tat alles, damit es den 2000 Konzil-Teilnehmern an nichts fehlte, es wurde sogar ein Ausfuhrverbot für Trentiner Wein erlassen. Den ehrwürdigen Herren gefiel es so gut, dass sie acht Jahre in der Stadt verweilten.
Die Stadt der bunten Fresken
Die Altstadt von Trento ist berühmt für ihre schönen und gut erhaltenen Freskenmalereien. Dafür wurden die Farben frisch auf den feuchten Putz aufgetragen und sind somit untrennbar damit verbunden.
Zauberhaft die Fresken der Rella-Häuser auf der Nordseite des Domplatzes, aber nicht nur dort, überall in der Altstadt kann man an vielen Palazzi wunderschöne Fresken bestaunen.
Die wertvollsten Fresken sind allerdings im Adlerturm des Castello del Buonconsiglio: der Zyklus der Monatsbilder, den im Jahre 1397 der böhmische Meister Wenzel gemalt hat.
Bis auf den Monat März, der bei Umbauarbeiten zerstört wurde, zeigen die Bilder die unterschiedlichen Lebensweisen der Bauern und Adeligen in den verschiedenen Jahreszeiten. Diese elf Gemälde sind eine Sehenswürdigkeit, die man sich nicht entgehen lassen sollte.
Parken Sie am besten Ihr Auto auf dem Parkplatz vor dem Schloss und flanieren durch die heimeligen Gassen zum Domplatz, der umgeben ist von repräsentativen Palazzi.
Der Platz, zu dem auch der prachtvolle Neptunbrunnen gehört, strahlt eine sympathische Urbanität aus und verlockt dazu, sich in einer der Bars einen Drink zu genehmigen, um dieses wunderbare Ensemble entspannt zu betrachten.
Falls man schon ein wenig Hunger und Durst hat, ist die Enoteca Scrigno del Duomo (Schatzkästchen des Doms) absolut empfehlenswert. Die Architektin Chiara M. A. Bertoli hat es geschafft, dieses ehrwürdige Gebäude mit den historischen romanischen Mauern, mit zeitgenössischer Kunst und modernen Lichtquellen, zu einem echten gastronomischen Schatzkästchen zu gestalten.
Die Universität mit den vielen Studenten hat der ehemals etwas verschlafenen Provinzhauptstadt sehr gut getan. Heute findet in der Altstadt ein quirliges Leben vor den Bars, Cafés und Trattorien statt.
Die kleinen Läden verlocken zum Shoppen, wie die Enoteca Grado 12, ein Feinschmeckerparadies par excellence. Bei 1200 Weinen, über 200 verschiedenen Destillaten und verführerischen Köstlichkeiten ist es nicht leicht, eine Entscheidung zu treffen.
Gleich vis-à-vis lädt das Casa del Cafè zum Besuch ein. 36 verschiedene Sorten rohe Kaffeebohnen, aus unterschiedlichen Ländern weltweit, werden hier zu aromatischem Kaffee geröstet. Wer möchte, genehmigt sich ein Tässchen gleich im angenehm duftenden Laden oder kauft seine Lieblingssorte für Zuhause.
Neben den vielen kleinen Genussläden verführen auch zahlreiche Mode-, Einrichtungs- und Schuhshops zum Geldausgeben.
Empfehlenswert für gutes Essen und herzlichen Service ist seit Jahrzehnten die Osteria Il Cappello, im Herzen der Altstadt. Bei schönem Wetter genieße ich gerne meinen Pranzo auf der Terrasse der kleinen Piazza Bruno Lunelli, aber auch drinnen ist die Osteria für mich eine Oase zum Wohlfühlen und genussvollem Entspannen.
Eine besondere Attraktion für Menschen, die sich für Naturwissenschaft interessieren, ist das 2013 eröffnete Museum MUSE.
Von außen betrachtet erinnert es an die Form der Trentiner Berge, innen bietet es dem Betrachter ein lichtdurchflutetes offenes Museum über fünf Stockwerke.
Den Parcour durch MUSE beginnt man am besten ganz oben auf der Terrasse mit einem spektakulären Blick auf die Stadt und das Etschtal.
Von da geht’s dann bergab auf die verschiedenen offenen Etagen, die sich alle vorwiegend mit der Natur bis zurück zu Zeiten der Neandertaler beschäftigen.
Ziel des Museums MUSE ist es, allen voran auch Kindern zu vermitteln, wie begeisternd Wissenschaft sein kann.
Das Valle dei Laghi – Eine ruhige Alternative zum Gardasee
Wenn man im Tal der Seen Urlaub macht, fährt man auf jeden Fall einmal an die Nordspitze des Gardasees, nach Riva und Torbole. So hübsch die beiden Orte am See auch sind, wer Ruhe und Erholung sucht, dem geht das quirlige Touristengetümmel sicherlich bald auf die Nerven.
Für all Jene ist der Molvenosee im Naturpark der Brenta-Dolomiten ein empfehlenswerter Ausflugstipp. Die Fahrt führt über Sarche und weiter auf der SS 237 auf einer gut ausgebauten Serpentinenstraße durch eine faszinierende Bergwelt mit Almen, schroffen Bergen, plätschernden Bergbächen und typischen Trentinern Bergdörfern.
Vorbei am winzigen, lediglich 400 Meter langen Lago di Nembia, gelangt man nach wenigen Minuten zum tiefblauen Lago di Molveno, eingerahmt in die imposante Bergwelt der Brentagruppe mit Blick auf den Gipfel der Paganella, mit 2124 Meter.
Der zweitgrößte See im Trentino ist 4,5 Kilometer lang, 1,5 Kilometer breit und liegt 800 m über dem Meeresspiegel. Der See, der mit einem reichen Fischbestand gesegnet ist, hat viele kleine Gebirgsbäche als Zuflüsse. Die blaugrüne Farbe zeigt schon, wie sauber dieses Gewässer ist.
Im Sommer lädt der See zum Baden ein, aber besonders beliebt ist der Molvenosee bei Seglern, denn die Ora del Garda sorgt für stetigen Wind. Das ist aber längst nicht alles, auch Stehpaddeln, Surfen, Tretboot- oder Kanufahren, Tauchen oder Fischen machen hier Spaß, und das ohne Menschenmassen.
Himmlisch zudem die unverfälschte Natur und die vielen Wanderwege rund um den See. Der Molvenosee wurde bereits mehrfach von der Umweltorganisation Legambiente und vom Touringclub Italiano zum schönsten See in Italien gekürt – wegen der Qualität des Wassers, der sauberen Strände, der umfangreichen Dienstleistungen und nicht zuletzt der himmlischen Landschaft.
Das Weingut mit den vielen Gesichtern
Mario Pojer und Fiorentino Sandri kenne ich weit über 30 Jahre und von Anfang an hat mich ihre Leidenschaft für den Weinbau und ihre Offenheit neuen Herausforderungen gegenüber begeistert. Mario hat Önologie in San Michele studiert, während Fiorentino als Mechaniker arbeitete.
Da die Eltern von Fiorentino im Besitz von Rebflächen waren, starten die beiden 1975 mit zwei Hektar Weinbergen, wenig Geld und Erfahrung, viel Mut und mit vielen Ideen und Träumen ihr kleines Weingut, das heute zu den Top-Weingütern im Trentino zählt und international überaus gefragt ist. Weinliebhaber erkennen die Weine sofort an dem prägnanten Albrecht Dürer-Etikett. Aber es blieb nicht nur beim Vinifizieren von Wein.
Bereits 1978 begannen sie, ihren ersten Flaschengärsekt zu produzieren, den sie 1983/84 auf den Markt brachten. Sie waren 1979 bei den ersten, die Chardonnay, die Rebsorte, die damals in der Region noch ziemlich unbekannt war, reinsortig zu vinifizieren und das gleiche galt für den Sauvignon.
Auch bei der Reifung in Barriquefässern hatten die beiden die Nase im Trentino vorne. In den 80er Jahren brachten sie unter dem Namen «Faye» und «Besler» jeweils einen Weiß- und einen Rotwein, in Barrique ausgebaut, auf den Markt.
Eine kleine vinophile Revolution war 1985 ihre Essenzia, ein Süßwein nach nordischem Stil, mit wenig Alkohol und einer faszinierenden Aromenvielfalt.
Aber die Experimentierfreude, allen voran von Mario, beschränkte sich nicht nur auf die Weine. Eines seiner experimentellen Produkte wurde 2004 geboren und heißt «Merlino». Dabei vereinte er Cantina mit Destilleria, also einen frisch gekelterten Lagrein mit einem Brandy, den er über 14 Jahre im Holzfass reifen ließ.
Von Beginn an gab es nicht nur die Kellerei, sondern auch eine kleine Brennerei, wo die beiden ebenfalls zu den ersten zählten, die im Trentino reinsortigen Trester (monocultura) brannten. Heute sind die Grappe, die Fruchtschnäpse und die Brandy von Pojer e Sandri bei Feinschmeckern weltweit begehrt.
Im Jahr 2013 startete ein neues Projekt, das sich ZERO INFINITO nennt und das bedeutet: ohne Behandlung im Weinberg, ohne Schwefel, ohne kommerzielle Hefen, ohne Klärung, ohne Filtration, ohne Antioxidantien. Daneben entwickelten die beiden Weinfreunde einige nachhaltige Verfahren bei der Vinifikation, die von vielen Winzern heute angewendet werden.
Die neugierige Entdeckungsreise ist noch lange nicht zu Ende. So haben sie, abseits ihres Weinguts in Faedo, inmitten dieser wunderschönen Bergwelt, mit der Herstellung feinaromatischer Essige begonnen. Ausgangsprodukte dafür sind neben Rot- und Weißwein, vollreife Früchte, wie Himbeeren, Kirschen, Birnen, Äpfel, Quitten und einige mehr, die auf dieser Höhe besonders aromaintensiv schmecken.
Ein Besuch des renommierten Weinguts Pojer & Sandri in Faedo, auf etwa 500 Meter Höhe, ist wegen der Vielfalt der Weine, Sekte, Schnäpse, Grappe und Aceti unbedingt empfehlenswert, aber nicht nur.
Es ist zudem die sensationelle Lage mit dem grandiosen Panoramablick auf die Rotaliana-Ebene, das Brenta-Gebirge und die Paganella und, falls die beiden nicht gerade in den Weinbergen oder auf Weinmessen unterwegs sind, ist ein Gespräch mit Mario oder Fiorentino für Weinfreaks ein unvergessliches Erlebnis.
Mein Weintipp von Pojer e Sandri
Wenn ich hinauf nach Faedo zu Mario und Fiorentino fahre, ist der erste Wein, den ich verkoste, «Palai», ein reinsortiger Müller-Thurgau, der auf einer Höhe zwischen 550 und 750 Meter Höhe angebaut wird.
Dieser ist eine ganz andere Liga wie die Müller-Thurgau hierzulande, denn der Boden der Lage Palai ist wie geschaffen für diese Rebsorte und dank des stetigen Windes sind die Reben immer gesund.
Der daraus gekelterte Wein erfreut den Gaumen mit finessenreichen, zartfruchtigen Aromen und begleitet Fischgerichte aber auch die typische Trentiner Spezialität, Strangolapreti, perfekt.
Alle Fotos in den vorigen Wein-Abschnitten: Pojer e Sandri
Einige meiner Empfehlungen für Winzerbesuche im Trentino
- PISONI – Bio-Weingut, Flaschengärsekte Trento DOC und Destillerie, Via S.Siro 7/a, 38076 Pergolese
- CANTINA TOBLINO, Via Lónga 1, 38076 Sarche di Madruzzo
- FERRARI F.lli Lunelli S.p.A., Trento, Via Ponte di Ravina 15
- PRAVIS, Loc. Le Biolche 1, 38076 Lasino
- LETRARI – Vini e Spumanti, Via Monte Baldo 13/15, 38068 Rovereto
Unsere Lesetipps zu Trentino & nördlicher Gardasee
Monika Kellermann
Wein & Genuss – Autorin
Monika Kellermann schreibt nicht nur seit vielen Jahren in Artikeln und Büchern über Wein und Genuss. Die Autorin ist auch Expertin für italienischen Lebensstil und kennt die Region rund um den Gardasee besonders gut, da sie dort neben München ihre zweite Heimat gefunden hat.
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