Zeitreise mit dem Zeppelin über Friedrichshafen

Header-Foto: Tourist-Information Friedrichshafen
Ferdinand Graf von Zeppelin hatte eine Vision und machte seinen Traum vom Fliegen zur Wirklichkeit. Bis es soweit war, wurde er jedoch zuerst zum Gespött des Landes. Als „Narr vom Bodensee“ wurde er bekannt und von Kaiser Wilhelm II. höchstpersönlich als der „Dümmste aller Süddeutschen“ bezeichnet.
Er investierte trotzdem alles in sein Projekt, ging pleite und glaubte sich verloren. Und dann schrieb er Erfolgsgeschichte.
Am 8. Juli 1838 wurde Ferdinand Adolf Heinrich August Graf von Zeppelin auf der Dominikanerinsel in Konstanz geboren. Am 8. März 1917 starb der Begründer des Starrluftschiffbaus in Berlin.
In den fast 79 Jahren seines Lebens geschah in der Welt und insbesondere in der Bodensee-Region unheimlich viel. Industrialisierung, politische Umbrüche, gesellschaftliche Entwicklungen und technologische Fortschritte haben das Leben der Menschen verändert. Graf Ferdinand von Zeppelin war mittendrin und spielte dabei eine wichtige Rolle.
1835, drei Jahre vor der Geburt des Grafen, wurde die erste deutsche Eisenbahn zwischen Nürnberg und Fürth eröffnet. Bis dahin waren ausschließlich Pferde- und Ochsenkarren im Einsatz, um Waren über holprige und schlammige Straßen zu transportieren. Die Menschen kamen mit Postkutschen ans Ziel – wenn auch langsam, denn eine Fahrt von Konstanz nach Stuttgart dauerte ohne die Eisenbahn mehrere Tage.
1841 eröffnete Hermann Biow das erste deutsche Foto-Atelier in Hamburg. Der damals vierjährige Graf von Zeppelin wurde aber erst viel später in seinem Leben abgelichtet. Fotos wurden ab 1915 zum Trend, als Rollfilme erschwinglicher waren.
1867 erfand Werner von Siemens die Dynamomaschine, die elektrische Energie effizienter nutzbar machte. In den 1880er-Jahren entstanden so die ersten Stromnetze in der Bodenseeregion. Graf Zeppelin war demnach wohl in seinen Vierzigern, als der den ersten elektrischen Lichtschalter bediente.
1876, Graf Ferdinand von Zeppelin war da knapp 38 Jahre alt, wurde das Patent für das Telefon von Alexander Graham Bell angemeldet und Telefone wurden langsam überall eingeführt. Zuvor musste man Post verschicken, sich auf Marktschreier verlassen oder sich des modernen Telegrafen bedienen, der in den 1840er-Jahren nach Deutschland kam.
1895 führten die Brüder Auguste und Louis Lumière in Paris erstmals bewegte Bilder vor zahlendem Publikum vor: Das Kino war geboren. Doch erst um 1920 eröffneten die ersten Kinosäle der Bodenseeregion – Graf Ferdinand von Zeppelin hat wohl nie einen Kinofilm gesehen.
Graf Ferdinand von Zeppelin war der Sohn des ehemaligen fürstlich hohenzollernschen Hofmarschalls und Baumwollfabrikanten Graf Friedrich von Zeppelin und dessen Frau Amélie Françoise Pauline.
Mit nur 17 Jahren trat er in die Kriegsschule Ludwigsburg ein, schnell machte er Karriere beim Militär. Die Schatten des Deutsch-Französischen Konflikts zwangen den 24-jährigen Grafen, sein Studium von Staatswissenschaften, Maschinenbau und Chemie an der Eberhard-Karls-Universität Tübingen abzubrechen.
Während einer Beurlaubung reiste Zeppelin nach Nordamerika, wo er sogar eine Audienz bei Präsident Abraham Lincoln erhielt, und wurde 1863, mitten im Sezessionskrieg, zum Kriegsbeobachter an der Seite der Nordstaaten. Hier sah er zum ersten Mal in seinem Leben den Einsatz von Ballons zu Militärzwecken und war zutiefst beeindruckt.
Wieder zurück in Europa war er dann auch dabei, als im Deutsch-Französischen Krieg zwischen 1870 und 1871 mit Hilfe von militärischen Ballons Menschen und wertvolle Post aus dem von den Deutschen belagerten Paris gerettet wurden.
Dass keiner dieser Gas- und Heißluftballons lenkbar war, und damit alle dem Wind und dem Wetter vollkommen ausgeliefert blieben, gab dem jungen Grafen Zeppelin zu denken.
Schließlich stachelte 1874 ein Vortrag des Generalpostmeisters Stephan zum Thema „Weltpost und Luftschifffahrt“ Zeppelins Fantasie an: Er wollte ein lenkbares Luftschiff bauen, ein „Ballonfahrzeug“.
Nachdem er seine militärische Laufbahn beendet hatte, konnte sich Ferdinand Graf von Zeppelin vollkommen seinem Projekt widmen: Der Konstruktion eines starren Luftschiffs.
Der Graf kam ursprünglich aus Konstanz, wo ihm jedoch kein Platz für die Entwicklung seiner Luftschiffe zur Verfügung gestellt wurde. In Friedrichshafen fand er eine Heimat für sein Unternehmen.
Auch mit der Finanzierung sah es anfangs schlecht aus, niemand wollte dem Pionier Geld für die Umsetzung seiner Erfindung geben, er wurde eher für verrückt erklärt. Doch Zeppelin gab nicht auf.
Der mittlerweile 60-Jährige gründete 1898 eine Aktiengesellschaft zur Förderung der Luftschifffahrt – die deckte jedoch nicht einmal die Hälfte der Kosten. Zeppelin finanzierte sein visionäres Projekt großteils aus eigener Tasche.
Im Jahr 1900 war es dann soweit: am 2. Juli hob das erste Luftschiff Zeppelins, die LZ 1 (LZ steht für „Luftschiff Zeppelin“), in Friedrichshafen ab. 128 Meter lang war der Prototyp, er hatte einen Durchmesser von gut 11 Metern, wog 13 Tonnen und konnte eine Nutzlast von 300 Kilogramm transportieren.
Kaum vorstellbar, welche Emotionen die Menschen um 1900 gefühlt haben müssen, als sie ein solches Wunder der modernen Technik über ihren Köpfen schweben sahen. Wenn man den technologischen Fortschritt auf der Welt bis zu diesem Zeitpunkt im Blick behält, sind die Luftschiffe Zeppelins noch beeindruckender.
Sogar heute, nachdem wir schon auf dem Mond waren, muten die immensen Starrluftschiffe futuristisch an.
1907 wurde die LZ 4 geboren – das vierte Luftschiff Zeppelins und das erste Starrluftschiff mit Passagierkabine. Doch die Freude hielt nicht lange an. Bei der 24-stündigen Abnahmefahrt am 5. August 1908 machte Schlechtwetter eine Notlandung in Echterdingen notwendig, das Schiff wurde von seinen Verankerungen gerissen, stürzte in einen Obstbaum und ging in Flammen auf.
Eine Tragödie für Ferdinand von Zeppelin, der sein gesamtes Vermögen in dieses Projekt gesteckt hatte. „Ich bin ein verlorener Mann“, soll der Graf vor den Überresten des verbrannten Luftschiffs gestöhnt haben.
Doch mit der Tragödie wurde Zeppelin nicht alleingelassen. Offenbar empfanden die Deutschen denselben Enthusiasmus, wie er selbst, für seine Luftschiffe, die mittlerweile unter dem Synonym „Zeppelin“ bekannt waren, und ließen sich nicht lumpen.
Insgesamt 6,25 Millionen Goldmark (was dem Gegenwert von 43 Millionen Euro entspricht) sammelte der „Zeppelin-Spendenfonds des deutschen Volkes“ für den Erfinder und dessen Traum vom Fliegen. Mit diesem Geld wurde die Zeppelin-Stiftung gegründet, die auch heute noch existiert.
Und nach der Gründung der Luftschiffbau Zeppelin GmbH wurden viele neue Starrluftschiffe hergestellt. Das letzte davon war LZ 130 „Graf Zeppelin“, das 1938 seinen Jungfernflug machte. Zeppelin sagte später, der 5. August 1908 sei „die Geburtsstunde der nationalen Luftschifffahrt in Deutschland“ gewesen.
Friedrichshafen wurde zum Sitz eines bedeutenden Luftfahrtzentrums. Der Graf Zeppelin setzte auf das moderne Material Aluminium für die Gerüste seiner Luftschiffe, während andere mit Holz bauten.
Die Zahnradfabrik Friedrichshafen wurde ins Leben gerufen, um geeignete Untersetzungsgetriebe herzustellen.
Textilfabrikant Gustav Gminder lieferte die Hüllstoffe für die Luftschiffe, die Familien Zeppelin und Gminder gingen eine tiefe wirtschaftliche und persönliche Verbindung ein.
Im Jahr 2014 übernahm die Luftschiffbau Zeppelin GmbH die Villa Gminder in Friedrichshafen. Das Seegut Zeppelin ist heute ein nachhaltiges Hotel, dessen Häuser die Namen der Mitglieder der Familie Zeppelin tragen: August, Isabella, Ferdinand und Helene.
Bei vegetarischer Küche, umgeben von Historie und modernem Design, genießen die Gäste hier den bewussten Umgang mit der Natur am Bodensee und ein respektvolles Eintauchen in die Geschichte von Friedrichshafen.
Graf Ferdinand von Zeppelin war ein sehr innovativer Mensch und seiner Zeit weit voraus. Er investierte nicht nur in die Luftschiffe, sondern gleichzeitig auch in den Flugzeugbau, der zur selben Zeit riesige Sprünge in der Entwicklung machte.
Claude Dornier arbeitete für den Zeppelin-Konzern, ebenso wie Karl Maybach, der mit dem Motorenbau beauftragt war. Erst später gliederten die beiden ihre eigenen Unternehmen aus. Die Maybach Motorenbau GmbH, die ZF Friedrichshafen AG und die Dornier GmbH gingen aus der Zeppelin-Stiftung hervor.
Als Graf Zeppelin 1917 starb, hinterließ er ein Innovations-Cluster mit über 50 Firmen. Das frühere Silicon Valley war am Bodensee.
Heute ist der innovative Schatten der Luftschiffe über Süddeutschland wieder zu sehen. Den historischen Hintergrund erfährt man sehr anschaulich im Zeppelin-Museum in Friedrichshafen, originales Zeppelin-Feeling erlebt man bei unserem “Erlebnistipp Zeppelinflug” über dem Bodensee.
Heute besteht der Zeppelin Konzern aus der Zeppelin Vermögensverwaltung, dem Immobilienzweig Zeppelin Haus am Bodensee und Zeppelin Wohlfahrt.
Zeppelin kümmert sich um Bau- und Bergbaumaschinen, Landmaschinen, Vermietung, Baulogistik und Baustellenmanagement, Antrieb und Energie, Engineering und Anlagenbau und entwickelt neue digitale Geschäftsmodelle für die Bauwirtschaft.
Im Zeppelindorf, das in den 1910er-Jahren entstand, wohnen heute noch Menschen, die für den Zeppelin Konzern arbeiten. Die Siedlung steht nahezu komplett unter Denkmalschutz und eines der Häuser ist als Museum eingerichtet.
Im 1996 eröffneten Zeppelin Museum in Friedrichshafen befindet sich die weltgrößte Sammlung zu Geschichte und Technik der Luftschifffahrt.
Highlight der Ausstellung ist ein 33 Meter langer teilweiser Nachbau der LZ 129 Hindenburg, die bei voller Besetzung bis zu 75 Menschen transportieren konnte. Sie war das vorletzte Schiff, das von der Luftschiffbau Zeppelin GmbH gebaut wurde.
Im Museum kann man durch die Räume des legendären Luftschiffs mit tragischer Geschichte gehen. Toiletten, Schlafkabinen und Gesellschaftsraum, ebenso wie der Schreibbereich, haben keine Geheimnisse mehr. Für Kinder gibt es sogar einen Flugsimulator.
Die Genialität der Starrluftschiffe ist leider einerseits vom Unglück der Hindenburg und andererseits von deren unfreiwilliger Verbindung mit dem Nationalsozialismus überschattet.
Die Zeppeline waren der größte Stolz der Nazis und die populären Luftschiffe wurden mit Hakenkreuzen geschmückt und zu Propagandazwecken eingesetzt.
Noch heute vermuten nicht nur Verschwörungstheoretiker, dass der Brand der Hindenburg und der Tod von 36 Menschen bei der Landung des Luftschiffs 1937 in Lakehurst politische Hintergründe gehabt haben könnte.
Geopolitische Restriktionen nach dem Zweiten Weltkrieg beendeten schließlich die glorreiche Geschichte der Zeppeline in Friedrichshafen vollkommen – bis zur Jahrtausendwende.
1993 wurde die Zeppelin Luftschifftechnik GmbH (ZLT) in Friedrichshafen als Tochterfirma des Zeppelin-Konzerns gegründet und baute vier moderne Zeppeline, das erste wurde 1997 fertiggestellt.
Die neuen Modelle sind um vieles kleiner als die ursprünglichen Starrluftschiffe, leben aber als offizielle Nachfolger der alten Zeppeline den Traum des Erfinders weiter.
Eines der neugebauten NT-Modelle ist in Friedrichshafen stationiert und fliegt in der Bodenseeregion. In der Gondel des 75 Meter langen modernen Schiffs ist Platz für bis zu zwölf Fluggäste, die aus 300 Metern Höhe das Panorama bewundern können.
Nach vielen Jahren gibt es damit heute wieder die Möglichkeit, in Friedrichshafen in einen Zeppelin zu steigen. Und wer einen Berufspilotenschein hat, und die Ausbildung absolviert, kann sogar Zeppelin-Pilot werden.
Man muss nur wollen und daran glauben, dann wird es gelingen.
Ferdinand Graf von Zeppelin (1838–1917)
Lydia Stöflmayr
Texterin & Autorin
Lydia ist freie Texterin, Autorin und Dolmetscherin. Sie liebt es, neue Sprachen, Kulturen und Mentalitäten kennenzulernen. Dabei spielt Sprache eine wesentliche Rolle und eben vor allem die richtigen Worte zu finden. Diese Aufgabe hat sie zu ihrer Profession gemacht.
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