Das Barolo-Gebiet liegt in der norditalienischen Region Piemont. Genauer gesagt in der Bassa Langa, dem unteren Gebiet der Langhe. Die Langhe wird im Süden von den ligurischen Alpen und im Norden von der Poebene begrenzt. Das Wort Langhe leitet sich vom lateinischen Wort lingua ab, die Zunge, was die Form dieses Gebietes, das aus einer Reihe mehr oder weniger steiler Hügel besteht, passend umschreibt.
Auf den Hügeln liegen die berühmten Weindörfer mit den wohlklingenden Namen Barolo, Castiglione Falletto, Serralunga d’Alba oder La Morra. Hier in La Morra, am Ortsrand, thront das Weingut von Giulia Negri. Auf 520 Metern über dem Meer und der damit höchsten Einzellage im Barologebiet liegt der Ortsteil Serradenari mit Blick auf das Matterhorn und den Monviso auf der einen und das endlos erscheinende Rebenmeer der Langhe auf der anderen Seite.
Die Aussicht ist atemberaubend und die Qualität der Weine ebenfalls. Seit nunmehr 150 Jahren betreiben die Negris hier Weinbau. Aber nicht nur… Der Stammbaum der Familie liest sich spektakulär und reicht von Automobil-Pionieren über Schriftsteller bis zu Politikern des italienischen Parlaments. Giulia weiß auch von einem illustren Großonkel zu erzählen, der zeitlebens in der Trüffelforschung aktiv war und die bewaldeten Hügel rund um das Stammhaus mit seinen „Trüffelsporen“ versuchte zu beimpfen – leider ohne Erfolg.
Nichtsdestotrotz können sich Interessierte auf Spurensuche begeben und über das Weingut geführte Trüffelexpeditionen buchen. In den Böden der Wälder rund um Serradenari gedeiht die deliziöse Knolle vortrefflich. Nicht umsonst hört eine der Barolo-Abfüllungen von Giulia Negri auf den verheißungsvollen Namen La Tartufaia.
Präzise Arbeit im Keller
Neben der für Barolo obligatorischen Nebbiolo-Traube baut Giulia auch Chardonnay und Pinot Noir an. Dies ist der Tatsache geschuldet, dass Giulias Liebe zum Wein erst nach einer Reise ins Burgund entstanden ist. Dort gedeihen Chardonnay und Pinot in unübertrefflicher Qualität.
Bevor die taffe, knapp 30-jährige Italienerin sich entschied, das elterliche Weingut zu übernehmen und die Karriere als Winzerin einzuschlagen, studierte sie in Mailand Bio-Technologie und arbeitete in der Krebs-Forschung. Das präzise und auf jegliche Eventualitäten fokussierte Arbeiten hat sie sowohl in den Weinberg, als auch in den Keller mitgenommen. Die Rebarbeit erfolgt nach organisch-biologischen Kriterien, die Gärung erfolgt spontan mit wilden Hefen. Es wird schonend und langsam mazeriert, in Holzgärständern, rund anderthalb Monate. Beim Ausbau verzichtet die junge Winzerin konsequent auf Barriquefässer und setzt stattdessen auf 2500 Liter Gebinde aus slawonischer Eiche. Diese traditionelle, behutsame Herangehensweise riecht und schmeckt man.
Der verkostete Barolo La Tartufaia 2015 präsentiert sich im Glas klar, in hellem Rubinrot und zarter Randaufhellung. Die deutliche Schlierenbildung und die helle Farbe sind typisch für Weine dieser Herkunft. In der Nase zeigt sich Giulias Lagencuvée sauber und mit ausgeprägter Intensität. Klar jugendlich, mit Primäraromen von reifen Pflaumen, einem Hauch Orangenzeste und würzigen Noten. Schwarztee und Zedernholz kommen ebenso zum Vorschein wie tertiäre Aromen von getrockneten Steinpilzen und natürlich Trüffel!
Geschmacklich ist La Tartufaia trocken mit gefälligem Extrakt, mittlerer Säure und festen, feinkörnigen Gerbstoffen. Der Körper ist kraftvoll und von ausgeprägter Geschmacksintensität. Die duftigen Komponenten finden sich am Gaumen opulent wieder und führen in einen langen von eleganter Struktur getragenen Abgang. Der Wein hat ordentlich Lagerpotenzial, macht aber jetzt bereits Spaß. Zu Tisch würde er sich zu vielerlei Schmorgerichten anbieten. Ob hausgemachte Papardelle mit Hirschragout, Kalbsbäckchen mit getrüffeltem Kartoffelpüree oder als vegetarische Alternative zu Steinpilzrisotto – hier fällt die Speisenanpassung nicht allzu schwer.
Florian Fischer
Weinschreiberling & Inhaber des Weinfachhandels Weinhalt
Florian ist unser Weinexperte. Der Sommelier & Weinakademiker weiß worauf es bei einer guten Traube ankommt und hat zu jeder Region einen besonderen Weintipp, den er Ihnen hier empfiehlt.
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