Diesen Beitrag als Podcast hören
Biologisch-dynamische Wirtschaftsweise, sanfter Rebschnitt und viel Handarbeit zeichnen “Seppi Weine” aus
Südtirol ist die nördlichste Weinbauregion in Italien und für die Produktion eleganter Qualitätsweine in allen Preisklassen und jedweder Couleur über die Landesgrenzen hinaus bekannt. Das Etschtal – der beeindruckende Alpenkorridor, der Italien mit Österreich verbindet, ist gleichermaßen Tourismusmagnet wie stark befahrene und mit Industrie gesäumte Nord-Süd-Achse.
Deutsch wird in diesem kulturellen und weinbaulichen Schmelztiegel überall gesprochen, was dem großen Beliebtheitsgrad unter den österreichischen, deutschen und schweizerischen Touristen in die Karten spielt. Bei der Auswahl der Rebsorten zeigt sich wiederum die Weltoffenheit dieser norditalienischen Region.
Neben autochthonen Varietäten wie dem Lagrein werden Rebsorten aus dem deutschsprachigen Raum (Riesling, Weißburgunder, Gewürztraminer oder beispielsweise Kerner), als auch französische Edelreißer wie Cabernet Sauvignon, Merlot, Pinot Noir oder Sauvignon Blanc angepflanzt. Schiava oder Edelvernatsch, der in Deutschland als Trollinger bekannt ist, war früher flächenmäßig weitverbreitet, ist mittlerweile jedoch rückläufig.
Ein wahrer Blickfang ist die als Pergola bezeichnete traditionelle Erziehungsmethode mit schattenspendender Laubwand. Sie wird nach wie vor, nicht nur für touristische Zwecke, angewandt und gilt als funktionelle Alternative zu den modernen Spaliersystemen, die mittlerweile das Bild der Rebgärten prägen. Rund um den Lago di Caldaro findet man viele Weinberge mit Pergelerziehung. Von hier stammt ein bedeutender Teil der Vernatschproduktion, ist die Rebe doch Hauptbestandteil im berühmten „Kalterersee“.
Der rubinrot leuchtende, herrlich trinkanimierende Rotwein, mit niedrigem Gerbstoffgehalt und angenehmer Frische, lässt sich wie kaum ein anderer Wein zum reichhaltigen Angebot der Südtiroler Küche kombinieren. Leicht gekühlt harmoniert er zur Marende mit Speck, Würsten und milden Käsesorten ebenso wie zu Schlutzkrapfen, Speckknödeln und anderen schmackhaften Gerichten der einheimischen Küche.
Am Ortsrand von Kaltern, zu Fuße des Mendelgebirges, liegt das Weingut von Werner Seppi. Auch er erzieht seinen Vernatsch auf den traditionellen Pergeln unten am Kalterer See. Biologisch-dynamische Wirtschaftsweise, sanfter Rebschnitt und viel Handarbeit sind nur einige der Stellschrauben, die Werner so achtsam wie möglich justiert. Nach 8 Monaten im Holzfass entsteht hier ein imposanter Südtiroler Kalterer See Classico Superiore mit fruchtbetonter Nase, rassiger Säure und einem hohen Maß an Trinkfreude. Leider werden lediglich 1300 Flaschen dieses herrlichen Tropfens abgefüllt.
Unweit des Ortskerns von Kaltern, in der Einzellage Panigl, hat Werner Seppi Gewürztraminer und Weißburgunder stehen. Der Flurname stammt aus dem 13. Jahrhundert und deutet wohl auf seine vormalige Bestimmung als Hirseacker (lateinisch panicum) hin. Der humose, lehmige Sand- und Moränenboden eignet sich hervorragend für den Weinbau.
Wir verkosten den 2019er „Setaria“ Weißburgunder Südtirol DOC von dem immerhin 2400 Flaschen produziert werden. Die Lese fand Ende September statt. Nach 15 Stunden Maischekontakt erfolgte die Spontangärung im großen Holzfass, anschließend durfte der Wein acht Monate auf der Feinhefe im Eichenfass reifen.
Der Setaria ist klar ohne Eintrübungen, von mittlerem Zitronengelb und mit deutlicher Schlierenbildung.
In der Nase präsentiert sich der Wein reintönig und mit ausgeprägter Intensität. Sein Entwicklungsstadium ist jugendlich mit ersten Reifenoten. Die vorherrschenden Geruchskomponenten reichen von reifer Birne über Quittengelee bis zur Salzlimette. Nasser Stein und zarte Röstaromen sowie würzige Noten von Kurkuma sind ebenfalls zu attestieren. Der Wein duftet komplex und entwickelt sich im Glas merklich.
Im Antrunk ist Setaria trocken, mit mittleren Säurewerten und von cremiger, horizontaler Textur. Der Alkoholgehalt liegt bei 14% vol. und ist gut eingebaut. Dennoch ist der Körper kraftvoll. Man meint zarte Gerbstoffe an den Zungenrändern zu spüren. Die ausgeprägte Intensität am Gaumen mit Aromen von Marille, reifer Birne und würzigen Komponenten wie weißem Pfeffer und Café de Paris unterstreicht die sehr gute Qualität, die Werner Seppi hier auf die Flasche bringt. Der Abgang ist anhaltend und von saftiger Frucht bestimmt. Der Wein steht sicherlich erst am Anfang seiner Entwicklung und verfügt über ein Reifepotenzial von weiteren 5 bis 6 Jahren.
Florian Fischer
Weinschreiberling & Inhaber des Weinfachhandels Weinhalt
Florian ist unser Weinexperte. Der Sommelier & Weinakademiker weiß worauf es bei einer guten Traube ankommt und hat zu jeder Region einen besonderen Weintipp, den er Ihnen hier empfiehlt.
Mehr über Florian erfahren