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Ein Blick auf Sehenswürdigkeiten, Geschichte & Weingüter der größten Weinregion in Frankreich | Montpellier – eine Stadt zum Bleiben & Genießen | Unsere Tipps Languedoc-Roussillon & Montpellier
Die Region Languedoc-Roussillon hat viel zu bieten: Ein schönes Stück Mittelmeerküste mit einem der größten Weinanbaugebiete Frankreichs im Hinterland, kleine und große Städte mit südfranzösischem Flair – und ist doch für viele Menschen Terra Incognita.
Languedoc-Roussillon ist Teil von Okzitanien, mit den Departements Aude, Gard, Hérault und Pyrénées-Orientales.
Von oben betrachtet wirkt dieser Landstrich wie ein riesiges Amphitheater, das sich – im Osten an die Pyrenäen und im Westen an die Provence gelehnt – zum Mittelmeer hin öffnet.
Für Insider ein gelungener Gegenentwurf zu der von Tausenden Touristen überrannten Region Provence-Alpes-Côte d’Azur. Insgesamt leben hier knapp drei Millionen Menschen, gut 300 000 davon in der Hauptstadt Montpellier.
Was die Region besonders prägt, ist die unmittelbare Nähe zur spanischen Grenze, was politisch, kulturell und gastronomisch Spuren hinterlässt.
Ein Blick auf die Geschichte
Um den Charakter der Menschen, die diesen Teil von Südwestfrankreich bewohnen, besser zu verstehen, muss man weit zurückgehen.
Zahlreiche megalithische Spuren bezeugen, dass der Landstrich schon 7000 vor unserer Zeitrechnung besiedelt wurde. Cambous, eins der ältesten restaurierten Dörfer Frankreichs in der Nähe von Montpellier, ist mehr als 3000 Jahre alt.
Ein Meilenstein der Geschichte waren die Kreuzzüge, die im Namen Gottes und des französischen Königs Unheil über das Land brachten.
Im Süden von Frankreich trafen die Kreuzritter auf die Katharer, nach der Stadt Albi auch Albigenser genannt.
Ihre Lebensweise war durch eine antiklerikale Haltung, eine asketische Lebensweise und die Ablehnung von persönlichem Eigentum geprägt. Dörfer und Städte wurden verwüstet, Menschen erschlagen oder auf dem Scheiterhaufen verbrannt.
Infolge von Kreuzzügen und Inquisition galten die Katharer im 14. Jahrhunderts als so gut wie vernichtet.
Im Laufe seiner wechselvollen Geschichte gehörte das Languedoc später zeitweise zu Spanien und war einige Jahre unter der Herrschaft des Königs von Mallorca, bevor es im Pyrenäen-Frieden von 1659 endgültig zu Frankreich kam.
Frankreichs größte Weinregion
Zur Zeit der Römer wurden altgediente Feldherren und Soldaten mit Ländereien belohnt. Sie betrieben in der Gegend des Languedoc-Roussillon nicht nur Ackerbau, sondern bepflanzten die sanften Hügel auch mit ersten Weinstöcken.
Nachdem die Verkehrswege nach Italien als sicher galten, konnte man den Wein problemlos in die Heimat transportieren.
Mit dem Zusammenbruch des Römischen Reiches zerfiel der Weinanbau in Languedoc-Roussillon für unbestimmte Zeit.
Seinen Anschluss fand er im Wesentlichen seit den 1970er Jahren, allerdings ohne sonderlich guten Ruf. Ein Großteil des Weines landete zum Verschnitt in anderen europäischen Ländern.
Damit ist es Gott sei Dank vorbei. Heute ist die N109 auf dem Weg von Montpellier ins hügelige Hinterland mit kleinen Boutique-Weingütern gepflastert.
In den letzten zwei Generationen gab es eine echte Revolution: Bei rund neun Millionen Hektolitern jährlich reicht das Angebot von süffigen Alltagsweinen bis zu absoluten Spitzen-Crus.
Eine besonders gute Nachricht: Die Region beherbergt rund 30 Prozent der gesamten Bio-Rebfläche Frankreichs.
Herausragende Weingüter
Mas de Daumas-Gassac
Das Weingut Mas de Daumas Gassac liegt nördlich von Montpellier, in der Gemeinde Aniane, und ist seit 1971 im Besitz des Pariser Handschuhfabrikanten Guibert. Als auf dem Vulkanstaub-beschichteten Terrain im Jahr 1972 die ersten Cabernet Sauvignon-Reben gepflanzt wurden, schlug die Geburtsstunde eines bemerkenswerten Grand Cru. Weinverkostung und -verkauf: Haute Vallée du Gassac, 34150 Aniane.
Domaine de la Grange des Pères
Die Produkte dieses bekannten, vom Ausnahmewinzer Laurent Vaillé in den 1990er Jahren gegründeten Weinguts im Pays d’Hérault, gehören zu den besten Weinen des Languedoc. Der rote Grange des Pères gilt zu Recht als südfranzösischer Kultwein. Decanter nennt ihn nicht zufällig den „Mozart des Weines“. Adresse: D32E2, 34150 Aniane.
Château Puech-Haut
Der fantasiebegabte Wein-Flüsterer Gérard Bru hatte die Idee, das Gebäude der Präfektur von Montpellier zu kaufen, Stück für Stück abzutragen und im etwa 15 Kilometer entfernten Saint-Drézéry als Château Puech-Haut wieder aufzubauen. Adresse: 2250 route de Teyran, Saint-Drézéry.
Château de Flaugergues
Unter der Obhut des Comte de Colbert wurden rund 30 Hektar in der Umgebung des Château de Flaugergues in Weinland verwandelt. Sohn Pierre und Schwiegertochter Marie betreiben in einem ehemaligen Weindepot das Restaurant „Folia“, wo jeden Mittag der Bär brummt. Am Nachmittag folgen Besucher, die Weine testen und kaufen wollen. Das palmengesäumte Schloss ist ein gelungenes Beispiel des Miteinanders von Alt und Neu.
Montpellier – eine Stadt zum Bleiben
Selbst Pariser Snobs kommen und bleiben für immer. Oder sie verbringen hier regelmäßig ihren Urlaub. Mit dem TGV sind es immerhin nur dreieinhalb Stunden von der französischen Hauptstadt hierher.
Wie viele andere wissen auch die Pariser die vielen Vorteile zu schätzen: die Nähe zum Meer, rund 300 Sonnentage im Jahr und fernab von der Hektik der Hauptstadt eine ruhige Kugel zu schieben.
Gleichzeitig kann man in Montpellier den Kulturbetrieb einer ständig wachsenden Metropole genießen, die laut Statistik im Januar 2021 die Schallmauer von 300.000 Einwohnern durchbrochen hat.
Montpellier ist eine junge Stadt, die Hälfte der Menschen, die dort zufrieden leben, sind unter 35, ein großer Teil Studenten.
Ein beliebter Tummelplatz für alle ist das mittelalterliche Herz der Stadt mit einem geheimnisvollen, meist verkehrsfreien Gassengeflecht, historischen Passagen, Renaissance-Innenhöfen und außergewöhnlich vielen Plätzen für den allgemeinen Müßiggang.
Anders als in den Städten Nimes, Béziers oder Narbonne, deren Wurzeln bis in die Römerzeit zurückreichen, begann die Geschichte Montpelliers erst vor gut 1000 Jahren.
Durch seine günstige Lage am Fluss Lez, einer schnellen Verbindung zum Mittelmeer, entwickelte sich die Stadt zu einem florierenden Handelszentrum.
In der Blütezeit des 17. und 18. Jahrhunderts entstanden viele der honigfarbenen Bürgerhäuser sowie eine Miniaturausgabe des Arc de Triomphe als Verbeugung vor Ludwig XIV.
Zu den Wahrzeichen der Metropole zählt die gotische Kathedrale Saint-Pierre de Montpellier mit ihren markanten Kegeltürmen, doch ganz besonders auffällig sind die vielen schönen Plätze.
Die Place de la Comédie, welche wegen ihrer ovalen Form auch „das Ei“ genannt wird; die Place Jean Jaurès, wo man sich gern mittags im „Pain & Cie“ zu Salaten und Sandwiches einfindet, die Platanen-gesäumte Place de la Canourgue mit dem berühmten Einhorn-Brunnen und vielen kleinen Antiquitätenläden.
Schließlich noch die leicht erhöht liegende Place Royale du Peyrou, von der man den schönsten Blick bis hinunter zum Meer genießen kann.
Den Weg in eine moderne Zukunft ebnete George Frêche, der von 1977 bis 2004 Bürgermeister von Montpellier war. In dieser Zeit holte er weltberühmte Architekten in die Stadt.
Etwa Jean Nouvel, der das ultramoderne RBC Design Center an der Avenue Raymond Dugrand baute, Zaha Hadid, die ein Sportzentrum und eine Bibliothek entwarf, sowie Philippe Starck, dem die Stadt einen modernen Spa- und Wellness-Komplex verdankt.
Restaurant-Tipps in Montpellier
Le Jardin des Sens
Die Zwillingsbrüder Jacques und Laurent Pourcel starteten Ende der 1980er Jahre zu einer außergewöhnlichen Karriere. In ihren besten Jahren managten sie ein Dutzend Restaurants zwischen London und Shanghai.
Heute ist das Sternelokal Jardin des Sens immer noch ihre Herzensangelegenheit. Inzwischen an neuer Location, unter dem Dach des Hotels Richer de Belleval.
Wer alles probieren möchte, bestellt das 8-Gänge-Menü “Sense & Saveurs“ inklusive Jakobsmuscheln, Hummer und Kaviar. Adresse: Place de la Canourgue, 34000 Montpellier.
Pastis Restaurant
Das schicke Bistro Pastis Restaurant ist bei Einheimischen beliebt. Bei nur 20 Tischen, ist es nicht leicht, Platz zu bekommen. Daniel Lutrand offeriert in seinem Sternelokal ein günstiges Lunch-Angebot.
Am Abend gibt es – je nachdem, was der Markt zu bieten hat – ein Überraschungsmenü. Adresse: 3, Rue Terral, 34000 Montpellier.
Trinque Fougasse O’Sud
Die Weinbar Trinque Fougasse O’Sud zählt zu den beliebtesten Adressen in Port-Marianne. Man trifft sich hier zu tollen Tapas, Drinks und häufig auch Live-Musik. Adresse: 148, rue de Galata, 34000 Montpellier.
Sehenswürdigkeiten
Musée Fabre
In Erinnerung an den Künstler Xavier Fabre, permanente Ausstellung einheimischer und flämischer Künstler: Musée Fabre, Boulevard Bonne Nouvelle.
Musée Atger
Eine Sammlung wunderbarer Zeichnungen von Fragonard, Watteau und Tiepolo in der ehemaligen medizinischen Fakultät der Universität. Dazu gehört der Jardin des Plantes mit 2500 Pflanzenarten, einer der ältesten Botanischen Gärten Frankreichs (2, rue de l’Ecole de Médecine, 34000 Montpellier).
Bouzigues
Das kleine Dorf Bouzigues liegt in Küstennähe am Rand der Lagune Etang de Thau und gilt als eines der größten Austernlieferanten in Frankreich. Es gibt ein kleines Museum, man kann eine Austernzucht besichtigen.
Aber das Wichtigste ist wohl, sich in einem der vielen Lokale einen Platz zu suchen und ein Dutzend fangfrischer Austern mit einem einheimischen Weißwein zu kombinieren.
Unsere Restaurant-Tipps in Bouzigues
- La Côte Bleue, angeblich das beste Restaurant in der Gegend (Avenue Louis Tudesq, 34140 Bouzigues)
- La Palourdière, entspannte Atmosphäre im Restaurant und auf der Terrasse mit Lagunen-Blick. Gut für Austern und andere Fischgerichte (Chemin de la Catonnière, 34140 Loupian)
Delikatessen & Co
Feinschmeckern gehen dienstags und samstags auf dem Marché des Arceaux die Augen über. Die Location: hinter der Promenade de Peyrou, unter einem Aquädukt aus dem 18. Jahrhundert.
Im Schatten der hohen Bögen und ganz in der Nähe des Geburtshauses der Chansonsängerin Juliette Greco bieten Produzenten der Region an 80 Marktständen ihre Waren feil. Unter anderem Aprikosen aus Gard, Honig aus den Cevennen sowie Pic-Saint-Loup-Weine.
„Divine & Sens“ heißt die Champagnerbar in einem historischen Gewölbe, mit 60 regionalen Crus in den Regalen und Salvatore Dalí-Impressionen an der Decke (Impasse Perier 2).
Straßenbahn fahren
Seit dem Jahr 2000 gibt es eine Renaissance der Straßenbahnen in Montpellier. Sie ermöglichen schnelle und unkomplizierte Verkehrsverbindungen und schmücken sich mit auffälligem Design.
Die Linie 1 erkennt man an den von Elizabeth Garouste und Mattia Bonetti entworfenen Schwalben auf meerblauen Grund. Sie fährt u.a. zum modernen Retorten-Viertel Antigone, zum Place de la Comédie und zum Port Marianne.
Die mit maritimen Motiven geschmückten Wagen der Linie 3 (längste Straßenbahnstrecke der Stadt, die fast bis zum Strand fährt) und der goldenen Wagen der Linie 4, die seit April 2012 im historischen Herzen der Metropole verkehrt, wurden vom Modeschöpfer Christian Lacroix kreiert.
Weitere Informationen
Unsere Lese-Tipps Languedoc-Roussillon & Südfrankreich
- Okzitanien – Eine Reise in die Vergangenheit & wieder zurück
- Antike trifft Moderne: Museumstipps für einen Kultururlaub in Okzitanien
- Einfach malerisch: Cassis und die Calanques an der Côte d’Azur
- Sorgenlos an der Côte d’Azur
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- Neptuns Schatz: Soupe de poisson mit Rouille
Christine Gräfin von Pahlen
Reisejournalistin und Autorin
Für Christine von der Pahlen ist Reisen ihr Leben. Ihre Begeisterung teilte sie jahrelang im Reiseresort des Frauenmagazins Madame und auf ihrem persönlichen Blog. Angefangen hat sie als Moderedakteurin, die für Foto-Shootings um die Welt geschickt wurde. Schnell begann sie gleichzeitig Reisegeschichten zu schreiben und macht seitdem nichts anderes mehr.
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