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Header-Foto “Erlebnistipps Cassis”: Karen Mork on Unsplash
Ein Hafen, wie gemalt, Sinnbild des südeuropäischen Küstenortes, Definition einer mediterranen Schablone – die Suche nach einer Beschreibung, die weder abgedroschen noch überzogen klingt, scheitert grandios. Cassis ist ein Ort, den es nicht zu vergleichen gilt. Cassis dient als Vorlage für andere zum Vergleich.
Die Côte d’Azur umgibt ohnehin eine Art Mythos, als Ursprung der Jet-Set Ära der 60er Jahre. Sicher – wir wissen, dass die Bilder der schönen, mit großen Hüten und Sonnenbrillen ausgestatteten, schauspielernden Französinnen, die an Häfen flanieren und sich auf weißen Yachten zuprosten, ein wenig nostalgisch verfärbt sind.
Und doch legen sich diese wie ein Filter auf jede Promenade mit bunten Fassaden und kleinen Steinmauern, an denen marode Fischerboote vertäut sind.
Dann seufzen wir und wünschen uns doch wenigstens für einen Tag zurück, um die Nizzas und Saint-Tropez dieser Welt in ihrem einstigen Charme erleben zu dürfen.
Denn die Zeit und der Ruhm sind an diesen Orten nicht spurlos vorbei gegangen, wie auch die tausende Menschen, die etwas von dem „sans-soucis“ Flair abhaben wollten, der die französische Küste umgibt. Das „la dolce far niente“ in Frankreich.
Unsere Erlebnistipps Cassis
Anders jedoch in Cassis. Auf wundersame Weise scheint sich der kleine Ort, zwischen Pinienwäldern, Weinbergen und einer spektakulären Steilküste des Parc National des Calanques, etwas bewahrt zu haben, was nur in Klischees zu beschreiben ist.
Die bunten Fassaden, der Hafen mit den weißen Booten, das türkisblaue Wasser, die strahlende Sonne, traumhafte Gästehäuser wie das Le Cap Cassis – es fehlt nichts, aber auch gar nichts zum perfekten Idyll eines Fischerdorfes am Mittelmeer. Und das, obwohl man mit dem Auto in weniger als einer Stunde im Zentrum von Marseille ist, immerhin die zweitgrößte Stadt Frankreichs.
Wer nun die Stirn in Falten voller Zweifel legt, dem möchte man zurufen: Es wird noch besser! Bekannt ist Cassis nicht etwa nur für sein malerisches Antlitz, sondern für die kleinen Badebuchten, gemeinhin die Calanques genannt, die entweder Boote vom Hafen aus ansteuern oder die sich – und das empfehlen wir – erwandern lassen.
Direkt am Rand von Cassis, am Port-Miou, geht es los, durch die steilen Felsen, vorbei an den trotz Hitze immergrünen Gewächsen (die Garrigue), die nach wilden Kräutern duften. Immer wieder gibt der Weg spektakuläre Blicke auf schroffe Kalkfelsen, die in das sanfte Blau abfallen, frei, während einem der salzige Meerwind um die Nase weht.
Fun-Fact: Seit der Antike wurde hier Kalkstein für bekannte Gebäude und Hafenanlagen abgebaut. Zum Beispiel stammt der Sockel der Freiheitsstatue von dieser Küste.
Je nach Tempo erreichen Sie in ca. einer Stunde die nächste Bucht, Port-Pin, in der auch gebadet werden kann. Eine erfrischende Belohnung. Von dort aus kann die Wanderung ins nächste Calanque fortgesetzt werden, dem En-Vau. Genauso schön, genauso erfrischend.
Diese Wanderung entlang der Küste ist jedoch kein Spaziergang. Trittsicherheit und festes Schuhwerk sind erforderlich.
Zurück in der Ausgangsbucht, Port-Miou, können Sie auf der Terrasse des La Presqu’île, einem Restaurant mit Meerblick, dem Ausflug ein fin culinaire verleihen. Und sei es nur mit einem guten Glas Wein und französischem Käse.
Überhaupt sei Gästen geraten, genügend Genuss-Zeit einzuplanen. Genügend Restaurants und Cafés gibt es für den nicht mal 8000 Einwohner*innen-Ort allemal. Zu empfehlen sind nicht nur jene mit Meerblick, sondern auch die gemütlichen Gaststuben, die es bei Streifzügen durch die schmalen Gassen von Cassis zu entdecken gibt.
Die Küche ist typisch provenzalisch. Die Gegend ist die Wiege weltbekannter Gerichte wie Ratatouille oder Bouillabaisse. Und wer sie hier speist, weiß weshalb. Frisches Gemüse und Fisch, mediterran gewürzt und trotzdem leicht.
Richtig gemacht, eine Erinnerung, warum die französische Küche bis heute nicht altert. Und das, obwohl ihr Ruhm um Längen älter ist als der der Côte d’Azur.
Berühmte Maler liebten die Côte d’Azur, lesen Sie dazu unseren Geheimtipp Cassis: Einfach malerisch – Cassis und die Calanques an der Côte d’Azur.
Wein und Weinfeste
Sie können nicht Frankreich sagen, ohne von Wein zu sprechen. Tatsächlich ist Cassis das kleinste Weinbaugebiet der Provence. Besonders ist außerdem, dass um Cassis viele weiße Trauben angebaut werden, obwohl sie eher von roten Rebsorten umgeben sind.
Sie können die Gegend und ihre Weingüter auf eigene Faust erkunden, viele davon bieten Führungen oder Proben an und bezaubern außerdem mit ihrer malerischen Lage.
Ein Cassis-Besuch lohnt sich weintechnisch außerdem alljährlich im Mai und September, weil dann kulinarische Festlichkeiten stattfinden, bei denen Einiges an guten Weinen der Gegend samt kulinarischer Begleitung verköstigt wird.
Ausflug nach La Ciotat
Allein wegen der Fahrt lohnt sich dieser Ausflug schon: Auf der Straße Route des Crêtes entlang der steilen Küste kann man tolle Panoramablicke genießen. Nach ungefähr einer gemütlichen viertel Stunde Fahrt erreichen Sie La Ciotat, eine kleine, authentische Hafenstadt, in der sich das ein oder andere Stündchen umherschlendern und einkehren lässt.
Außerdem spannend: In La Ciotat steht eines der ältesten Kinos und der berühmte Kurzfilm der Brüder Lumière, bei dem sich das Publikum angeblich so sehr vor dem einfahrenden Zug im Bild erschreckt haben soll, dass sie aus dem Saal geflüchtet sind, wurde im Bahnhof La Ciotat gedreht.
Pastis in Cassis
Nicht nur Wein wird in Cassis gerne getrunken. Auch Pastis, ein Anisschnaps, der mit Wasser aufgegossen wird, gehört zu den Spezialitäten der Provence. Über die Herstellung, Verzehrweise und Abgrenzungen zu anderen Anisschnäpsen, ließe sich ein eigener Artikel schreiben – das tun wir vielleicht einmal an anderer Stelle.
Wichtig ist jedoch, dass – wenn man den Geschmack mag – Pastis ein wunderbar erfrischendes Sommergetränk ist, das je nach Belieben mit Wasser verdünnt genossen werden kann. In Cassis geht das wunderbar in der Bar Pastis et Compagnie, die hervorragende Häppchen zur vielfältigen Auswahl des Anis-Getränks reicht.
Nur ein Katzensprung nach Marseille
Wie erwähnt, ist Marseille nur einen Katzensprung von Cassis entfernt, also deutlich zu nah, um der Stadt nicht einen Besuch abzustatten.
In Marseille finden Sie alles, was das Idyll in und um Cassis vermissen lässt. Eine pulsierende Hafenstadt, mit toller Gastronomie, Läden und kultureller Unterhaltung.
Lea Biermann
Redaktion
Seit vielen Jahren schreibt Lea für Redaktionen & Unternehmen.
Bei Glücksmomente Charmingplaces erzählt Lea am liebsten über Menschen und ihre Leidenschaft, sowie Bücher oder Filme, die direkt ins Herz gehen.
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