Während wir einen weinbewachsenen Torbogen nach dem nächsten passieren, erscheinen an Giebelhäusern und Fachwerkfassaden Schilder mit gastronomischen Versprechen für den heutigen Abend. Ich bin zum ersten Mal in der Pfalz und hungrig. Mein garantiertes Highlight jeder Reise sind unsere kulinarischen Ausflüge. Die sind selten geplant, sondern beruhen auf dem Erfolgsrezept, sich auf die spontane Empfehlung von Einheimischen zu verlassen. Aber diesmal: Pustekuchen.
Als wir unsere Gastgeber vom Charmingplace Julius in der Pfalz nach einem Tipp fragen, erhalten wir keine Adresse, sondern große Augen. Uns hätte bereits da dämmern müssen, dass das mit den kulinarischen Höhenflügen diesmal eine Notlandung wird. Aber stattdessen quittierten wir die stumme Frage, ob wir denn von allen guten Geistern verlassen wären (nicht zu reservieren) mit einem heiteren: „Hat bis jetzt immer geklappt”. Munter schnappten wir unsere Handys, um uns durch die Liste mit Restaurants zu telefonieren, die wir von unseren Gastgebern erhalten hatten.
Bei der zweiten Adresse hieß es schon, dass für den ganzen nächsten Monat kein Tisch mehr frei wäre. Beim dritten Restaurant ging erst gar niemand ans Telefon. Bei der vierten Adresse machten wir eine Flasche Wein auf. Am Ende müssen wir noch im Gasthof zur goldenen Möwe (McDonalds) einkehren, witzelte ich. Einige weitere Telefonate später schien das bedenklich nah in den Bereich des Möglichen gerückt. In der Pfalz ist im späten Sommer nämlich Weinlese und deshalb Hochsaison. Durch die Pandemie kam diesmal noch der gesteigerte Inlandstourismus dazu und deshalb ist alles bis auf den letzten Stehtisch bumsvoll. Da steht man für sein Stück Zwiebelkuchen im geteerten Hinterhof an der Kioskausgabe eines Weinguts schon mal für eine halbe Stunde an.
Nun hatten wir zwar eine Lehrstunde Pfalz-Tourismus gratis, aber Aussicht auf Sättigung noch nicht. Jedoch macht Hunger erfinderisch (und mutig) und so zogen wir los, um bei einem Lokal in der näheren Umgebung unser Glück zu versuchen. Und siehe da: Ein Tisch für zwei. Gut, es war ein Tisch für fünf, aber wir durften uns dazu setzen. Neben der Straße, aber halb im Weinberg. Und Sie können sich nicht vorstellen, wie gut so ein selbstgemachter Zwiebelkuchen schmeckt, wenn man labbrigen Burger-Brötchen in letzter Minute entkommen ist und eigentlich Hochgenuss im Sinn hatte.
Ich würde nun gerne sagen: Sehen Sie, es klappt doch immer. Aber es ist etwas anderes, das immer klappt. Sich nicht auf eine Vorstellung zu versteifen. Dann ist der Koffer eben weg. Dann regnet es halt. Dann ist wohl die Reservierung im Hotel verloren gegangen. Denn als wir uns später mit der zweiten, oder auch schon der dritten Weinflasche bewaffnet kichernd durch den Hof unserer Unterkunft schleichen, halb wegen unseres planlosen Glücks und halb wegen unserer glücklichen Planlosigkeit, hätte ich diesen Moment mit keinem Restaurant tauschen wollen. Vielleicht gab es auf dieser Reise keine kulinarischen Highlights, aber dafür ein Highlight fürs Herz. Und die kann man nicht reservieren.
Wenn Sie Ihre kulinarischen Ausflüge in der Pfalz etwas zuverlässiger gestalten wollen, haben wir noch weitere Geheimtipps für Sie!
Lea Biermann
Redaktion
Seit vielen Jahren schreibt Lea für Redaktionen & Unternehmen.
Bei Glücksmomente Charmingplaces erzählt Lea am liebsten über Menschen und ihre Leidenschaft, sowie Bücher oder Filme, die direkt ins Herz gehen.
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