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Tanz auf dem Vulkan, kalte Granita und lebendige Geschichte | Unser Erlebnistipp: eine Rundreise durch Sizilien
Sizilien ist reich an Geschichte, Natur, Kunst und Kulinarik. Die Wurzeln der sizilianischen Kultur gehen tief und es ist eine Insel, die starke Gefühle weckt.
Die Sizilianer haben auch einen Hang zur Übertreibung und wer schon auf ihrer Insel war, versteht wieso: Das Leben dort ist grellbunt. Das mag an der Sonne liegen, die mit besonders viel Kraft scheint, an der Pracht der Wildblumen und am Mittelmeer, das in Schattierungen von strahlend Blau bis Smaragdgrün glitzert.
Dementsprechend üppig werden auch die Teller beladen und mit allem gewürzt, was das mediterrane Klima hergibt. Die sizilianische Küche ist extrem vielfältig, wurde sie schließlich von den zahlreichen Kulturen der Eroberer beeinflusst, die hier im Laufe der Jahrtausende vorbeizogen.
Sizilianische Imbiss-Spezialitäten, die von Region zu Region ihre ganz besonderen traditionellen Köstlichkeiten hervorbringen, sind in ganz Italien bekannt und beliebt.
Man munkelt, dass die besten Arancini Italiens (frittierte Reisbälle mit verschiedenen Füllungen) auf der Fähre serviert werden, die Reggio Kalabrien auf dem Festland mit Messina auf Sizilien verbindet.
Damit fängt unsere Rundreise durch Sizilien, der größten Insel des Mittelmeers, auch schon gut an.
Ätna: ein Vulkan zum Anfassen
Der Ätna ist mit seinen etwa 3.400 Metern (die genaue Höhe des Gipfels ändert sich mit den Ausbrüchen) der höchste aktive Vulkan Europas und schon von Weitem zu erkennen, wenn man sich der Insel nähert.
Er prägt das Landschaftsbild des östlichen Teils Siziliens und seine Rauchfahne zeigt an, aus welcher Richtung der Wind gerade weht.
Immer wieder zwingen größere Ausbrüche die Bewohner der Ätna-Hänge, ihre Häuser zu evakuieren. Doch die Sizilianer haben dennoch eine liebevolle Beziehung zu ihrem Hausvulkan. Die Ausbrüche sind eher harmlos und vorhersehbar, Lava-Flüsse wurden in der Vergangenheit sogar bereits umgeleitet, um Siedlungen zu verschonen.
Und der Vulkan ist für einen der größten Reichtümer der Insel verantwortlich: die Landwirtschaft. Die Hänge des Ätnas zählen dank des milden Klimas und des fruchtbaren Vulkanbodens zu den ertragreichsten der Insel.
Zu den bekanntesten Früchten des Ätna gehören die ikonischen Zitrusfrüchte, der Weinanbau am Ätna bringt einige der besten Trauben Italiens – wenn nicht weltweit – hervor.
Mit den Pistazien wächst das „grüne Gold“ von Bronte auf den Bäumen, Erdbeeren und verschiedene Waldbeeren reifen hier fast das ganze Jahr über. In den letzten Jahren kamen noch Mangos und Avocados dazu, die auf Sizilien zwar kleiner ausfallen als in den Tropen, dafür aber umso aromatischer sind.
Der Ätna ist aber auch als Sehenswürdigkeit kaum zu übertreffen. Mit der Seilbahn geht es auf die Ätna-Bergstation auf 2.500 Meter Seehöhe. Dort oben werden – wie könnte es anders sein? – sizilianische Spezialitäten serviert.
Für Abenteuerlustige führt die Reise weiter mit dem Allradantrieb-Bus bis auf 3.000 Höhenmeter. Ein unvergesslicher Ausflug für Vulkan-Fans! Jedoch nur Bergsteige-Experten sollten den Aufstieg zu Fuß wagen und sich dafür den lokalen Experten anvertrauen.
Syrakus und die Altstadt Ortigia
Von den Kratern des Vulkans geht es nun wieder direkt ans Meer, und zwar etwa 100 Kilometer in den Süden, vorbei an Catania, in die magische Stadt Syrakus. Deren Altstadt Ortigia liegt auf einer Halbinsel und ist ein absolutes Barock-Juwel.
Wo einst die Akropolis von Ortigia war, steht heute der Dom, der über den Hauptplatz schaut und mit den umliegenden Gebäuden zu einem harmonischen Ganzen verschmilzt.
Hier sitzt es sich wunderbar im Schatten eines Sonnenschirms in der Bar. Zum Frühstück gibt es obligatorisch Granita und Brioche: halbgefrorenes Sorbet – am besten aus Mandeln – und Hefeteigbrötchen.
Das Brötchen hat auf dieser Seite Siziliens den typischen Deckel, Tuppo genannt, während es in Palermo ohne Deckel daherkommt. Der Geschmack ist absolut unvergleichlich und das süße Frühstück erfrischt, wenn im Sommer die Temperaturen auch in den Morgenstunden schnell die 30 Grad erreichen.
Die Zeit für einen kurzen Ausflug zum Markt von Ortigia sollte noch bleiben – das lustige Treiben und die vielen Düfte machen so richtig Appetit und Fotografen finden hier ein Paradies auf Erden.
Ein Spaziergang durch Ortigia ist reich an Eindrücken. Schnell wird klar, dass die Griechen die Stadt an jeder Ecke inspiriert haben, deren Göttern sind zahlreiche Monumente und Sehenswürdigkeiten gewidmet. Die meisten der engen Gassen der Altstadt führen ans Meer, wo weitere Bars und Restaurants darauf warten, besucht zu werden.
Vor der Stadt ist das Wasser kristallklar und strahlend blau. Das macht so richtig Lust, es einfach den Kindern und Jugendlichen gleichzutun, und auf der Suche nach Abkühlung hineinzuspringen.
Wer an Historie interessiert ist, kommt in Syrakus ebenso auf seine Kosten: der Archäologische Park Neapolis, die Nekropole von Pantalica und das Archäologische Museum Paolo Orsi sind nur einige der Highlights. Noch mehr archäologische Schätze warten in der nächsten Etappe unserer Rundreise: Agrigent.
Agrigent und das Tal der Tempel
Etwa 200 Kilometer trennen die sizilianischen Städte Syrakus und Agrigent. Die Altstadt Agrigents hat arabische Wurzeln und zeichnet sich durch ein Labyrinth an verwinkelten Straßen und engen Gassen aus.
Nahe der Piazza del Purgatorio zeigt sich die Altstadt von einer besonders kreativen Seite: Wandmalereien machen die Straße der Kunst und ihre Treppen, Wände, Türen und Fensterläden zum Freilichtmuseum. Auch sonst ist die Stadt reich an Museen und architektonischen Sehenswürdigkeiten.
Agrigent ist jedoch vor allem für das Tal der Tempel berühmt. Der archäologische Park liegt eigentlich auf einem Hügel fünf Kilometer von Agrigent entfernt und erstreckt sich über 1.300 Hektar.
Seit 1997 gehört das Valle dei Templi zum UNESCO-Weltkulturerbe. Große Teile der antiken Schätze liegen noch immer unter Olivenhainen begraben, regelmäßig werden von den Archäologen des Parks neue Entdeckungen gemacht.
Ohne den Griechen zu nahe treten zu wollen, muss doch gesagt werden, dass die Tempel bei Agrigent denen in Griechenland um nichts nachstehen, denn es handelt sich bei dem Gebiet um den größten archäologischen Park der Welt. Dazu kommen die Schönheit der Landschaft und die atemberaubenden Ausblicke über das Mittelmeer.
Wer jetzt von so viel Geschichte und südlicher Sonne ins Schwitzen gekommen ist, der legt die nur etwa 13 Kilometer zur Scala dei Turchi zurück. Die Piraten, von den Sizilianern einst einfach nur als „Türken“ bezeichnet, überfielen über die weißen Stufen des Kliffs um das Jahr 500 die Dörfer an der Küste, von daher kommt der Name.
Heute machen die hellen Kalksteinfelsen und das wunderbare Wasser den Küstenabschnitt der Scala dei Turchi zu einem der beliebtesten Badeorte der Gegend.
Palermo: die ideale Zuflucht
Eine Fahrt von etwa zwei Stunden bringt uns in den Norden der Insel, in die 145 Kilometer entfernte Hauptstadt Siziliens: Palermo.
Mit über 673.000 Einwohnern hat die Stadt eine mehr als doppelt so große Bevölkerung wie die zweitgrößte Stadt der Insel, Catania, und ist sogar die fünftgrößte Stadt in ganz Italien.
Palermo hat phönizische Ursprünge und wurde im 8. Jahrhundert v. Chr. mit dem Namen „Ziz“ (zu Deutsch: Blume) bekannt. Von da an gaben sich die Eroberer die Türklinke der Stadttore in die Hand: Die Griechen schafften es nicht, hier zu regieren, dafür fielen die Römer 254 vor Christus ein.
Im Jahr 477 kamen die Vandalen an die Macht, die 535 von den Byzantinern abgelöst wurden. 827 erreichten die Araber die Insel Sizilien und eroberten diese in den darauf folgenden 100 Jahren. Im Jahre 1130 fiel Palermo in die Hände der Normannen.
Vom 16. bis zum 19. Jahrhundert stand Palermo unter spanischer Herrschaft und im 19. Jahrhundert unter der der Bourbonen. Erst ab 1861 gehörte Sizilien, und damit Palermo, zum „Königreich Italien“.
Aus jeder dieser Epochen gewann die Stadt etwas hinzu, verstrickte die neuen Mythen und Legenden mit den lokalen Gepflogenheiten und verwob die Architektur der Besatzer mit dem bereits Vorhandenen.
Heute gehört die historische Altstadt zum UNESCO-Weltkulturerbe. Eines der berühmtesten Bauwerke ist der Palazzo dei Normanni mit der Cappella Palatina. Teatro Massimo ist das größte Opernhaus Italiens und der Botanische Garten einer der ältesten des Landes.
Palermo scheint in einer eigenen Welt zu existieren, in einem Italien, in dem vor 20 Jahren die Zeit stehengeblieben ist. Die Stadt wurde noch nicht von der Suburbanisierung zerstückelt.
Auch in den zentralsten Stadtteilen leben Menschen, hängen ihre Wäsche zum Trocknen zwischen den Häusern auf, bepflanzen ihre Balkone und hauchen der Innenstadt Leben ein. Die sizilianische Hauptstadt hat einen besonderen Charme, ist quirlig und erhaben zugleich.
Der Name Palermo kommt aus dem Altgriechischen und bedeutet „ideale Zuflucht“. Er drückt sehr gut aus, was die Stadt für viele Menschen im Laufe der Jahrtausende bedeutete und noch heute darstellt.
Pizza, Mafia, Spaghetti: Vorurteile und wahre Geschichten rund um Sizilien
Wer erwartet, in Sizilien an jeder Ecke dunkle Gestalten mit Fedora auf dem Kopf zu sehen, liegt komplett falsch. Die sizilianische Mafia („Cosa Nostra“) gibt es zwar noch, als Tourist hat man mit diesem traurigen Aspekt der Region jedoch keine Berührungspunkte.
Anders sieht es mit der Kulinarik Siziliens aus: Dieser nicht zu frönen, wäre ein Verbrechen! Regionale Spezialitäten sind die Pasta alla Norma (Nudeln mit Auberginen und Ricotta) und die Sfincione, eine Art Pizza.
Die sizilianische Konditorei kennt keine Kompromisse, wenn es um Süße geht: Cannoli (frittierte Hörnchen mit Ricotta-Füllung) und Cassata (Biskuitteig mit Marzipan, kandierten Früchten und Zuckerguss) sind ein Muss.
Um die Insel Sizilien ranken sich zahlreiche Geschichten. Die Italiener selbst sind voller Vorurteile, wenn es um ihre größte Insel geht. Schließlich ist der Sprung von der wirtschaftlich starken Po-Ebene ins ärmliche Hinterland Siziliens in jeder Hinsicht ein weiter.
Doch Sizilien ist umso reicher an Geschichte, Kultur und Kulinarik und die Sizilianer pflegen ihren Dialekt und ihre Traditionen mit einer Mischung aus Unbeugsamkeit und Anpassungsfähigkeit, die sie seit jeher begleitet.
Unsere Lesetipps und Charmingplaces zu Sizilien
- Geotoura: Individuelle Rundreisen auf Sizilien
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Lydia Stöflmayr
Texterin & Autorin
Lydia ist freie Texterin, Autorin und Dolmetscherin. Sie liebt es, neue Sprachen, Kulturen und Mentalitäten kennenzulernen. Dabei spielt Sprache eine wesentliche Rolle und eben vor allem die richtigen Worte zu finden. Diese Aufgabe hat sie zu ihrer Profession gemacht.
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