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Im letzten Jahr, noch bevor Corona unser Leben verändert hat, schenkte mir ein italienischer Kollege einen Rotwein ins Glas und fragte mich „woher kommt dieser Wein?“ Der Wein machte mich schon durch seinen Duft neugierig, dann der erste Schluck „was soll ich sagen, facettenreich, duftig, zartblumig, lebhaft und mit einem unglaublichen Tiefgang, ein beeindruckender Wein, aber woher?“ Er spannte mich nicht lange auf die Folter, weil er weiß, dass für uns Deutsche die Romagna eine eher unbekannte Weinregion ist. „Der Wein heißt Il Sangiovese und kommt vom Top-Winzer Marco Ciresi, vom Weingut Noelia Ricci, in der Romagna“ lüftete er das Geheimnis.
Mein Besuch des Weinguts fiel leider Corona zum Opfer, aber ich habe ein langes Gespräch mit dem Ausnahmewinzer geführt, mittlerweile auch sein Flaggschiff Godenza verkostet und freue mich heute schon auf den Besuch, hoffentlich im Frühsommer 2021, der Tenuta Pandolfa in Predappio. Sie wundern sich wegen der zwei Namen Noelia Ricci und Tenuta Pandolfa? Ich erzähle Ihnen die Geschichte dieses Weinguts, weil es sich lohnt, es zu besuchen und die Weine kennen zu lernen.
Marcos Urgroßvater, Giuseppe Ricci, Unternehmer aus Forli, erwarb 1941 das prächtige, aber heruntergekommene Gut Pandolfa. Aufwändig renovierte er das Herrenhaus, kümmerte sich aber auch um das dazugehörende Ackerland, mit dem Hintergedanken, vielleicht einmal Reben zu pflanzen. Seine Tochter Noelia erkannte das Potenzial des Bodens, pflanzte in den 70iger Jahren Rebstöcke und kelterte erfolgreich die ersten Weine. Damals stand jedoch noch Quantität vor Qualität. Noelias Tochter Paola, die Mutter von Marco, führt heute mit Enthusiasmus das Gut mit den Weinbergen, Kirsch- und Olivenhainen. Sie legte jedoch die Geschicke des Weinbaus in die Hand ihres Sohnes Marco, der von seiner Großmutter die Weinleidenschaft geerbt hat.
Marco Cirese erkannte, dass Boden und Klima in den höheren Lagen der Tenuta Pandolfa optimal sind, um seine Vorstellung eines ausdrucksstarken, eleganten Sangiovese aus der Romagna zu verwirklichen. Als Hommage an seine Großmutter vermarktet er die Weine dieser Cru-Lage unter dem Namen Noelia Ricci.
Die neun Hektar erstrecken sich auf bis zu 350 Meter Seehöhe, die Böden sind eine Mischung aus Lehm, Sand- und Kalkeinlagerungen, mit einem hohen Anteil an schwefelhaltigen Mineralien. Die Weinberge profitieren vom milden Klima der Adria und sind geschützt von den Hügeln des Apennins. Die stetigen Winde sorgen für eine ideale Durchlüftung der Rebstöcke und die Temperaturschwankungen zwischen Tag und Nacht verleihen den Weinen Finesse. Der Sangiovese Romagna ist ein autochthoner Klon und unterscheidet sich deutlich von den Sangiovese des Chianti. Damit die beschwingte Eleganz nicht verloren geht, baut Marco Cirese die Weine behutsam in Edelstahltanks aus, setzt auf biologischen Anbau und Nachhaltigkeit ist für ihn eine Selbstverständlichkeit.
Zwar haben Marco Cirese’s Weine ohnehin eine hohe Wiedererkennbarkeit, aber auch seine Etiketten und die Farbenfrohe Website von Noelia Ricci hinterlassen einen bleibenden Eindruck. Die Etiketten der drei Weine von Noelia Rizzi zieren Tierzeichnungen aus dem 19. Jahrhundert: Das Flaggschiff Godenza zeigt einen Affen, als Symbol für den Ursprung und die Tradition des Sangiovese, eine Wespe ist das Erkennungszeichen für Il Sangiovese, weil dieses Insekt untrennbar zu den Weinbergen gehört und ein Wal auf dem Trebbianowein Bro soll daran erinnern, wie wichtig Familie und Erfahrungen sind.
Marco Ciresi macht nicht nur stilistisch beeindruckende Sangiovese, er setzt das, was seine Großmutter Noelia Ricci begonnen hat, zukunftsorientiert weiter und vereint vorbildlich Tradition mit Innovation.
Weintipp Beschreibung: Romagna Sangiovese superiore, Godenza 2018
Auf den Hügellagen der Romagna, wo der Boden geprägt ist von sandigen, kalk- und mineralstoffreichen Böden, hat Marco Cirese das ideale Terroir für seine authentische Interpretation eines Sangiovese gefunden. Der Godenza 2018, den ich im Glas habe, leider nicht vor Ort, sondern im grauen, kalten München, macht schon rein optisch Freude. Mich sprechen leichte, durchsichtige, rubinrot leuchtende Rotweine, die an Blauburgunder erinnern, an. Fette, tief dunkelrote Blockbuster-Weine sind nicht mein Ding.
Ich schnuppere erwartungsvoll am Wein und genieße den feinen Duft von reifen roten Beeren, untermalt von blumigen und würzigen Aromen. Das macht richtig Lust auf den ersten Schluck. Im Mund verschmelzen die feinen Beerenaromen harmonisch mit seidigen Tanninen und breiten sich lebhaft, gleichzeitig aber fast samtig, am Gaumen aus. Ein Wein mit unglaublichem Tiefgang und dennoch mit einer angenehmen Zartheit und Lebendigkeit, dass man sich sofort nach einem weiteren Schluck sehnt. Marco Cirese tat gut daran, diesen eindrucksvollen Sangiovese im Stahltank auszubauen, dadurch bleiben die delikate Beerenfruchtigkeit, die raffinierte Würzigkeit, die Spannung und vor allem die Eleganz optimal präsent.
Öffnen Sie den Wein am besten ein halbes Stündchen vor dem Genießen, dadurch entwickeln sich die Aromen noch intensiver. Als ich den Wein am nächsten Tag noch einmal nachverkostete, gesellten sich zu den klaren Beerenfruchtaromen balsamische und pfefferige Noten hinzu. Eine Temperatur um die 16 Grad bringt die Eleganz des Weins am besten zur Geltung.
Godenza 2018 ist mit seinen 13 % ein wunderbarer Essensbegleiter. Perfekt zu einem gegrilltem oder mediterran zubereitetem Fisch, zu Risotti mit Pilzen, Pasta mit Kaninchenragout oder einfach nur so, weil er, bei allem Respekt für den großartigen Wein, süffig ist.
Weintipp kaufen?
Hier und hier können Sie die Weine von Noelia Ricci nach Hause bestellen.
AZIENDA AGRICOLA NOELIA RICCI
Via Pandolfa 35
47016 Fiumana di Predappio / Forlì Cesena
Hier könne Sie eine Weinverkostung bei Noelia Ricci vor Ort anfragen.
Monika Kellermann
Wein & Genuss – Autorin
Monika Kellermann schreibt nicht nur seit vielen Jahren in Artikeln und Büchern über Wein und Genuss. Die Autorin ist auch Expertin für italienischen Lebensstil und kennt die Region rund um den Gardasee besonders gut, da sie dort neben München ihre zweite Heimat gefunden hat.
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