Es gibt gute Geschichten, die in großen Krisen nicht ihr Ende finden, sondern ihren Anfang. Während die Wirtschaft 2008 leidet, wird der Ingenieur Volker Müller in Kurzarbeit geschickt. Der Maschinenbauer nutzt die freie Zeit, um sein Zuhause zu verschönern. Was fehlt, ist eine passende Leuchte über dem 2,40 Meter langen Esstisch. Doch alles was er findet, ist ihm zu teuer. Also fängt Volker gemeinsam mit seinem Schwager Martin Stolz an, selbst an einer Lampe zu tüfteln. „Ein Kasten Bier, Bohrmaschine, Lötkolben – dann haben wir auf meinem Dachboden losgelegt. Am Ende war ich natürlich mehr Geld und Zeit los, als wenn ich mir einfach eine Lampe gekauft hätte. Aber dafür hatte ich eine richtig geile selbstgemachte neue Leuchte.“ Was Volker damals noch nicht wusste ist, dass er auch bald für ein neues Unternehmen arbeiten würde. Sein eigenes Unternehmen.
Ein befreundeter Designer sieht die Lampe und ist begeistert. „Der hat gesagt, das Ding ist so toll, das könnte er verkaufen. Für richtig viel Geld.“ Die Lampe Leichtsinn ist heute ein Bestseller bei LIEHT und ihre kleinste Version kostet 1052 Euro. Immer noch ein bisschen ungläubig erzählt Volker von ihrem Erfolg. „Wir haben dann mit einem Tischhersteller in der Messe Köln ausgestellt. Ganz tolle Tische, so ab 8000 Euro das Stück. Aber niemand hat sich für die Tische interessiert und uns haben sie die Bude eingerannt.”
Es werde LIEHT
Seinen alten Job in der Automobilindustrie gab der Ingenieur auf. „Jeder hat gesagt, du hast einen Schuss. Ich habe ja gut verdient und war abgesichert.“ Aber das Unternehmen läuft an und ein Jahr später kündigt auch Martin Stolz und steigt Vollzeit in die Firma ein. Der Ingenieur und der Elektrotechniker bauen Volkers Scheune aus, um künftig auf 80 Quadratmeter ihre Leuchten zu produzieren. „Wir dachten, das hält die nächsten fünf bis zehn Jahre. Ein Jahr später sind wir ausgezogen.“ Heute hat LIEHT 260 Quadratmeter Fertigungsfläche und nochmals 200 Quadratmeter Ausstellungsraum im pfälzischen Neustadt.
Lampen wie die Leichtsinn werden zu 90 Prozent in Handarbeit vor Ort gefertigt. Material wie LED Chips oder Netzteile werden zugekauft. Letzteres ebenso wie die Kabel, jedoch konfektioniert. Die Stangen auf Maß zugeschnitten, um dann mit einer kleinen Fräse Langlöcher für die Leuchtmittel zu fräsen. Miniaturarbeit. „Zur Oberflächenbehandlung geben wir die Stangen außer Haus, weil das ist eine riesige Sauerei“, sagt Volker. Das erledigt ein Fachmann in Pforzheim, der eine lange Tradition in der Schmuckindustrie hat und deshalb den hauchdünnen Stangen ihre fein polierte Oberfläche verleihen kann. Zurück in der LIEHT Manufaktur werden die LEDs eingeschoben und die Seile verlötet. 16 bis 18 Lötstellen braucht zum Beispiel die Leichtsinn. Wie viel Arbeitsstunden in der Leuchte stecken, weiß Volker nicht so genau. Bei Bestsellern wie der Leichtsinn werden die Einzelteile mittlerweile bei ihnen vorproduziert, so dass das Unternehmen zeitnah liefern kann.
Auch ansonsten hat sich der aktuell vierköpfige Betrieb professionalisiert. LIEHT arbeitet mit Einrichtungshäusern über die Grenzen von Deutschland hinaus zusammen, aber auch direkt mit Architekt*innen oder Endkund*innen. Das Unternehmen verkauft nicht nur fertige Leuchten, sondern macht auch Lichtplanung. „Das kommt immer mehr. Durch eine richtige Lichtplanung weiß ein Elektriker, wo er seine Kabel verlegen muss.“ Und die Kund*innen haben am Ende das passende Licht am Schreibtisch oder in der Küche.
Eine Vorstellung vom passenden Licht erhalten wir im Ausstellungsraum von LIEHT. Der ist auf einer eigenen Etage des alten Fabrikgebäudes untergebracht und die Leuchten sind in dem weitläufigen Raum zwischen Beton und großen Glasfenstern großzügig platziert. Obwohl sich keine der Lampen durch Opulenz auszeichnet, ist jede ein Blickfang. Filigran zieren sie die Wände oder hängen von der Decke. Setzen sich selbst in Szene und stehlen gleichzeitig ihrer Umgebung nicht die Show.
Schnelle Entscheidungen, langsame Produktion
Puristisch und zeitlos, echt und ehrlich. Jedes Detail in der LIEHT Manufaktur entspricht diesen Maßgaben, angefangen bei den Machern, den Leuchten selbst oder bei dem minimalistischen Logo, das in die schlichte Verpackung der Lampen geschnitten ist. Der Name stammt aus dem Mittelhochdeutschen und bedeutet so viel wie hell, strahlend, leuchtend oder klar. „In dem Unternehmen, in dem ich gearbeitet habe, war alles amerikanisiert und das ging mir tierisch auf den Senkel“, erzählt Volker. Ein Name mit Light oder Style wäre deshalb nicht in Frage gekommen. „Wir wollten von Anfang an schnelle Entscheidungen treffen und hinter mir stand ein mitteldeutsches Wörterbuch im Regal“. Steht LIEHT also auch für Lichtgeschwindigkeit? Wohl eher nicht. In unserem Gespräch erfahren wir, dass sich das Unternehmen gegen Massenproduktion und für die Nachhaltigkeit von Produkten positioniert. Auf der Webseite des Unternehmens wird LIEHT als „Ein Ort, an dem sich mehr kreative und technologische Leidenschaft findet, als nur das kaufmännische Kalkül“ beschrieben. Und was macht das kaufmännische Kalkül in unternehmerisch schwierigen Zeiten wie diesen?
„Corona hat uns auch gebeutelt, weil wir große Licht- und Einrichtungshäuser beliefern. Die hatten vier Wochen zu.“ Es fehle immer noch Umsatz und sie mussten eine Aushilfskraft entlassen. „Das war hart und hatte wochenlange Gespräche mit der Bank, Steuerberater und dem Vermieter zur Folge. Aber wir haben die Zeit genutzt, Gas gegeben und neue Leuchten gemacht“. Schließlich liegt in einer Krise immer auch die Chance auf eine gute Geschichte. Sicher ist die von LIEHT ist noch lange nicht zu Ende erzählt.
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Lea Biermann
Redaktion
Seit vielen Jahren schreibt Lea für Redaktionen & Unternehmen.
Bei Glücksmomente Charmingplaces erzählt Lea am liebsten über Menschen und ihre Leidenschaft, sowie Bücher oder Filme, die direkt ins Herz gehen.
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