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Foto oben: ARET Pugliapromozione, Carlo Elmiro Bevilacqua, Lecce_Piazza Sant’Oronzo
Die bezaubernde Stadt Lecce auf der 100 Kilometer langen und 40 Kilometer breiten Halbinsel Salento in Apulien ist das kulturelle, wirtschaftliche und politische Zentrum der Provinz.
Die prächtigen Bauwerke im Barockstil aus honigfarbenem Tuffstein sind magischer Anziehungspunkt für kulturbeflissene Touristen und haben der Stadt den Ruf “Florenz des Südens” eingebracht.
Unser Geheimtipp Lecce ist aber zugleich, dank der Universität, eine moderne, lebensfrohe Stadt mit jugendlichem Flair.
Entspanntes Sightseeing
Anders jedoch als in Florenz geht es in Lecce wesentlich gelassener zu. Keine Touristenscharen vor den Eingängen zu den Sehenswürdigkeiten und um sich die Stadt in Ruhe anzusehen, reicht ein Tag.
In der Nähe der Porta Rudiae gibt es einen offiziellen Parkplatz, von hier aus erreicht man in wenigen Minuten die Altstadt. Die pompöse Porta Rudiae ist eine von mehreren Stadttoren, die noch von der einstigen Befestigungsanlage der Stadt übrig geblieben sind. Heute sind diese imposanten Portale beliebte Fotomotive.
Erstes Ziel ist die beeindruckende Kathedrale von Lecce auf dem weitläufigen, von barocken Meisterwerken umrahmten, Domplatz. Erbaut wurde das Gotteshaus im 17. Jahrhundert auf den Überresten einer Kirche aus dem 12. Jahrhundert.
Die Kathedrale fasziniert von außen mit zwei prachtvollen Fassaden, geschmückt mit zahlreichen Skulpturen. Im Innern umfasst eine wunderschöne, mit Gold verzierte Holzdecke, Gemälde von Giuseppe Brindisi, die das Leben und Leiden des Stadtheiligen Oronzo zeigen.
Der 70 Meter hohe Glockenturm, einer der höchsten freistehenden Glockentürme Europas, ist mit fünf Balustraden unterbrochen. Den Abschluss bildet eine mit Majolika verzierte Kuppel, auf der eine Statue platziert ist, die den Stadtpatron Oronzo eine Fahne schwingend darstellt.
Noch tief beeindruckt von der Schönheit dieses barocken Meisterwerks folgt nach wenigen Gehminuten gleich eine weitere barocke Attraktivität, die Kirche Santa Chiara. Auch sie wurde, wie viele Bauwerke der Stadt, von Giuseppe Cino, einem berühmten Architekten aus Lecce, zwischen 1687 und 1691 erbaut. Auffallend ist auch hier die leicht nach vorne geneigte zweigeteilte Fassade, die mit Fenstern und Nischen reich verziert ist. Wunderschön auch der prunkvolle Hochaltar, auf dem zwei Säulen die Statue der Heiligen Klara umrahmen.
Die beachtenswerteste Kuriosität ist jedoch die Decke, sie wurde 1738 aus Sparmaßnahmen vollständig aus Pappmaché konstruiert und sieht einer Holzdecke täuschend ähnlich. Man erkennt auch als Laie sofort, hier waren Cartapesta-Meister (cartapesta heißt Pappmaché) am Werk.
Die Pappmaché-Heiligen von Lecce
In der Kirchenstadt Lecce gibt es über 100 Kirchen und in fast jeder sind die Heiligen und die Engel aus Pappmaché. Lecce ist vermutlich die einzige Stadt in Europa, in der bis heute Cartapesta-Künstler aktiv arbeiten, an die 12 Ateliers gibt es noch in der Stadt.
Eine, die mit dem traditionellen Stil der Heiligenfiguren nicht so viel anfangen kann, ist die Künstlerin Francesca Carallo. Sie lockt mittlerweile mit ihren modernen, stylischen Lampen, Schalen, Wandteppichen und mehr aus Pappmaché, Kunden aus aller Welt an.
Althergebrachte, typische Cartapesta-Figuren aus Lecce gibt es unter anderem im Laboratorio della Cartapesta di Marco Empicochi, auf der Piazza del Duomo. Dort, wie in anderen kleinen Cartapesta Studios in der Altstadt, kann man zusehen, wie diese Meisterwerke, die Holzfiguren verblüffend gleichen, entstehen.
Sehenswürdigkeiten auf Schritt und Tritt
Von der Kirche Santa Chiara ist es nur ein Katzensprung zum Anfiteatro. Das einzige Amphitheater in Apulien liegt unterhalb der Piazza Sant’Oronzo und wurde erst Anfang des 20. Jahrhunderts bei Bauarbeiten zufällig entdeckt. Das, was man sehen kann, ist nur ein kleiner Teil des gesamten Bauwerks aus dem 2. Jahrhundert n. Chr., das Platz für 25.000 Menschen bot.
Nun ist es aber an der Zeit für einen aperitivo. Die belebte Piazza Sant’Oronzo macht es leicht, eine einladende Bar zu finden.
Erfrischt geht’s weiter zur Basilika di Santa Croce. Die Kirche aus dem 17. Jahrhundert ist das grandioseste Beispiel der Lecceser Barockkunst. Die üppig verzierte, faszinierende Fassade ist zweigeteilt, der untere Teil wurde im Stil des 16. Jahrhunderts, der obere Teil des 17. Jahrhunderts gestaltet.
Nehmen Sie sich Zeit, um die detailreichen Steinmetzarbeiten zu bestaunen, allen voran das von Blumen- und Früchtereliefs umrahmte Rosettenfenster.
Der prachtvolle Innenraum der Basilika wird durch 16 mächtige Marmorsäulen in drei Schiffe unterteilt und strahlt, vor allem durch das Licht, das durch das Rosettenfenster und die Kuppel einfällt, eine angenehme Ruhe aus. Der kunstvolle Altar spiegelt die Großartigkeit der Lecceser Bildhauerkunst eindrucksvoll wider.
Nach diesem Augen- und Kulturschmaus wird es Zeit, auch für das leibliche Wohl zu sorgen. Zum Glück gibt es ganz in der Nähe der beeindruckenden Barockkirche ein gutes Ristorante, sie müssen nur die weitläufige Parkanlage mit den Brunnen und den alten Bäumen durchqueren.
Das Ristorante DUO in der Via G. Garibaldi ist auch ein Geheimtipp in Lecce und wird überaus geschätzt für seine kreative Küche, basierend auf Tradition und heimischen Produkten.
Es ist allerdings nichts für den kleinen Hunger zwischendurch, denn es werden ausschließlich Menüs angeboten. Vier verschiedene stehen zur Wahl, die verlockender nicht sein könnten. Genau das Richtige für eine genussvolle Pause, die auch sinnvoll ist, denn nachmittags machen die meisten Läden in der Altstadt ohnehin Siesta…
Gut gestärkt und beschwingt vom heimischen Rotwein, einem kraftvollen Primitivo oder Negroamaro, geht’s vorbei am Castello Carlo V, dem Anfiteatro und weiter durch die heimeligen Gassen zur Chiesa di Santa Irene, einer weiteren der hundert wunderschönen Kirchen.
Modernes Design in altehrwürdigen Palazzi
Allmählich reicht es aber mit der Besichtigung der Kirchen in unserem Geheimtipp Lecce, auch wenn sie noch so beeindruckend sind, nun wird es Zeit für den Besuch einiger schicker Designer-Läden.
Gleich um die Ecke in der Via Giuseppe Palmieri stellen die Künstler Melinda Massaro und Tonio Pede in Ihrer Galerie “Tondadesign” ansprechende Kunstwerke aus. Angefangen von außergewöhnlichen Schmuckstücken über Vasen, Möbel, Lampen, Spiegel und vielem mehr, was Menschen mit Sinn für schönes Design begeistert.
Nur ein paar Wegminuten weiter lädt ein ähnlich nobler Laden ebenfalls zum Stöbern ein. Auch bei “MI- La pietra prende forma” in der Via Arci Vescovo Petronelli 16 gibt es ganz besondere, handgefertigte Schmuckstücke, moderne Lampen und außergewöhnliche Dekorstücke für das Heim.
Für mich ist es immer wieder ein ganz besonderes Glücksgefühl, endlich einmal Zeit zu haben, um sich in aller Ruhe in edlen Läden umzusehen. Meistens werde ich auch fündig und es sind dann immer ganz bezaubernde Erinnerungen an den jeweiligen Urlaubsort.
Über die Piazza del Duomo führt Sie der Weg zur Via Giuseppe Libertini, einer beliebten Einkaufsstraße, die gesäumt ist von sehenswerten Palazzi, hübschen Modeboutiquen und natürlich einigen kleineren Kirchen. Shoppend oder einfach nur schaufensterbummelnd erreichen Sie wieder die Porta Rudiae und ihren Parkplatz.
Noch ein Caffè vor dem Weg zurück ins Hotel mit einem typischen Puglieser Dolce? Gleich hinter der Porta ist das etwas antiquierte Caffè Rudiae, das so sympathisch und typisch ist für diese wunderbare Barockstadt und ein perfekter Abschluss eines abwechslungsreichen, eindrucksvollen Stadtbummels.
Geheimtipps Lecce – ausgewählte Adressen
Cartapesta-Künstlerin Francesca Carallo – Vico dei Pensini, 1
Laboratorio della Cartapesta di Marco Epicochi, Piazza del Duomo, 18
MI – La Pietra Prende Forma, Via Arci Vescovo Petronelli, 16
Tonda Design, Via Palmieri, 20
Ristorante DUO, Via Giuseppe Garibaldi, 11
Monika Kellermann
Wein & Genuss – Autorin
Monika Kellermann schreibt nicht nur seit vielen Jahren in Artikeln und Büchern über Wein und Genuss. Die Autorin ist auch Expertin für italienischen Lebensstil und kennt die Region rund um den Gardasee besonders gut, da sie dort neben München ihre zweite Heimat gefunden hat.
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