Glücksmoment: Samstagabend

Anja Fischer ist Gründerin des Online Reisemagazins Glücksmomente-Charmingplaces. Ihr Beruf und ihre Passion ist es seit Jahrzehnten, zu reisen, schöne Orte zu entdecken und diese für andere erlebbar zu machen. Das tat sie mehr als 25 Jahre als Inhaberin des Boutique Reiseveranstalters Siglinde Fischer und das macht sie heute in noch facettenreicherer Form. In ihrem Onlinemagazin Glücksmomente-Charmingplaces nimmt sie die Menschen bereits beim Lesen mit auf Reisen und teilt Ideen und Inspirationen, die liebevoll recherchiert sind. Im Mittelpunkt steht dabei ihre sorgfältig ausgewählte Charmingplaces-Kollektion – besondere Hotels und Feriendomizile jenseits des Mainstream.
Je älter man wird, desto mehr fällt einem auf: Man hat doch ziemlich viel aus der Kindheit mitgenommen, die ein oder andere Marotte oder Rituale. Unliebsames, wie man selbst nie werden wollte, aber auch Schönes, samt der Erkenntnis, wie viel Freude einem das Zelebrieren dieser Erinnerungen heute bereitet.
Bei Reiseveranstalterin Anja Fischer sind es die Samstagabende in ihrem Elternhaus, die als echte Glücksmomente nachhallen und das Echo bis heute ihr Dasein prägt.
Warum man zum Fernsehen falsch rum auf dem Sofa sitzen musste, sie kein indirektes Licht mag und das Gefühl von Reichtum nichts mit tatsächlichem Reichtum zu tun hat, erzählt Anja uns hier.
“Mein Elternhaus ist ein Klinker Fachwerkhaus, die Räume sind offen bis unters Dach, durchzogen von offenstehenden schweren dunklen Balken. Wir sind eine große Familie mit fünf Kindern. In diesem Haus gab es eigentlich keine echten Rückzugsmöglichkeiten, alles war eins, es war ein Haus der Gemeinschaft.
Samstagabend war der Höhepunkt der Woche: mein Vater war leidenschaftlicher Koch. Am Wochenende hatte er endlich Zeit für sein Hobby und dafür, in der Küche zu verschwinden. Ich liebte es, in dieser Zeit, meine Nase auf dem Sofa hinterm Kachelofen in ein Buch zu stecken, denn Fernsehen war bei meinen Eltern eher verpönt. Die Antenne auf dem Dach diente mehr als Girlande fürs wuchernde Efeu, entsprechend gabs maximal zwei Programme im Schwarzweißfernseher, der auch in einer Ecke auf dem Boden stand, um zu betonen, wie wenig man ihm Raum schenken wollte.
Wenn die Familie vor dem Fernseher saß, mussten sich alle auf den Boden setzen, die besten Plätze waren die zwei Plätze auf dem Sofa, die aber zur anderen Seite gekehrt waren, man musste also umgekehrt aufs Sofa sitzen und die Rückenlehne diente als Stütze für die Ellenbogen.
Aber zurück zum Samstagabend: Durch das ganze Haus zog bereits der Duft von köstlichem Essen. Aus der Küche hörte man das geschäftige Hantieren meines Vaters. Die Aufgabe meiner Mutter bestand darin, für das schöne Ambiente zu sorgen. Die Beleuchtung im ganzen Haus war indirekt, denn meine Mutter hasste Licht von der Decke, das tut sie noch heute und das hat sie an mich vererbt. Es musste immer indirektes Licht sein, kleine Lämpchen und viele Kerzen. Entsprechend stilvoll war der Tisch gedeckt.
Weiße Stofftischdecken aus dem Nachlass meiner Urgroßmutter, weiße Stoffservietten in silbernen Serviettenringen, Tafelsilber ebenfalls aus dem Nachlass der Großeltern, gläserne Messerbänkchen, Kerzen in silbernen Kerzenständern. Das Geschirr war dagegen ein echter Stilbruch, braunes Terracotta-Geschirr, das aber dennoch zur Schlichtheit der Gesamtkomposition passte. Schöne Blumendekos. Auch hier war sie eine Künstlerin. Sie schnitt ein paar Zweige aus dem Garten ab und arrangierte sie kunstvoll in einer Vase. Wie hingeworfen, aber doch perfekt.
Ich liebte vor allem die Zeit der Vorbereitung, den Duft, die Stimmung. Jedes Familienmitglied machte zu dieser Zeit einfach das, was es am liebsten tat, harmonisch, selbstverständlich, um sich dann zu siebt am großen Tisch zusammenzufinden.
Diese Zeit hatte etwas Feierliches, Heiliges – wie die Zeit vor Weihnachten oft viel feierlicher ist als der Abend des Geschenkeauspackens. Wobei ich auch über Heiligabend im Hause Fischer nochmals einen ganz eigenen Roman schreiben könnte, da er so besonders war in meinen Kinderaugen zumindest.
Ich erinnere mich, dass ich immer dachte, meine Eltern wären reich, wobei ich später verstand, dass sie das gar nicht waren. Zumindest nicht in Zahlen auf dem Bankkonto. Aber sie verstanden es, mir das Gefühl zu geben, reich zu sein, schöne Momente zu kreieren, sie zu heiligen Momenten und im Füreinander und die Gemeinschaft zu gestalten.
Das ist vermutlich die Essenz meines Seins, warum genau solche Momente noch heute zu meinen persönlichen Glücksmomenten zählen!”
Anja Fischer für Charmingpeople Kindheitserinnerung
Lea Biermann
Redaktion
Seit vielen Jahren schreibt Lea für Redaktionen & Unternehmen.
Bei Glücksmomente Charmingplaces erzählt Lea am liebsten über Menschen und ihre Leidenschaft, sowie Bücher oder Filme, die direkt ins Herz gehen.
Bei unserer Suche nach den schönsten Orten dreht sich immer wieder alles um das Gastgeber*in sein. Und wer beruflich damit zu tun hat, ist es oft auch gerne privat.
Die meisten von uns werden sie schon einmal erlebt haben: Momente, in denen einem klar wird, dass man etwas ändern muss.
Ein Freund von mir stellt gerne die Frage, was man zu seinem Beruf machen würde, dürfte man noch mal neu entscheiden – daraus entstehen spannende Gespräche.
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