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Die Insel Tinos – unser Geheimtipp Griechische Inseln
Im Ägäischen Meer um Tinos müssen Arielle und König Triton wohnen. Das Wasser ist so leuchtend türkis und die Atmosphäre so magisch wie im Disney-Film aus den 80er Jahren. Wir sind aber nicht die ersten, die höhere Kräfte hinter so viel Schönheit vermuten.
Die Mythologie der antiken Griechen ist schon etwas älter, und seit 3.000 Jahren ist ihr zufolge auf der Insel Tinos Aeolos, der Gott der Winde, zu Hause. Von hier aus schickt er den Wind auf seine Reise über das Ägäische Meer.
Den Namen hat Tinos wahrscheinlich sogar vor der Zeit der Griechen schon vom phönizischen Wort „Tannoth” bekommen, was Schlange bedeutet. Die Insel soll laut der Legende nämlich von Schlangen befallen gewesen sein. Poseidon, der griechische Gott des Meeres, räumte dann mit den Reptilien auf. Seine Ähnlichkeit mit König Triton aus dem Disneyfilm ist nicht zu übersehen.
Wilde Schönheit mit sensibler Seele
Geschichtsträchtig ist die Insel des Kykladen-Archipels im Ägäischen Meer, reich an Kultur und schwer an Kunst. Dafür, dass es auf ihren 195 Quadratkilometern nur etwa 8.500 Einwohner gibt, ist es erstaunlich, welchen Reichtum Tinos für seine Besucher zu bieten hat. Es gibt von allem etwas und neue Entdeckungen überraschen hinter jeder Ecke.
Architektur, Kunst, Bildhauerei und tausendjährige Geschichte warten überall in exquisiten Formen. Die Tinianer sind sensibel, legen großen Wert auf Tradition, Religion und Kulinarik und sind im Herzen Künstler.
Die Legende besagt, dass der antike Bildhauer Phidias vor 2.500 Jahren persönlich die Inselbewohner in die Kunst der Bildhauerei einweihte. Er war der Erschaffer der Zeusstatue in Olympia und der Athena Partenos in Athen. Vielleicht ist etwas Wahres an der Überlieferung, denn die unzähligen Kirchen, Kapellen, Brunnen, Bögen und Taubentürme sind heute Zeugen antiker Handwerkskunst.
Tinos: noch ein Geheimtipp
Kurz ist die Saison auf Tinos, nur von Juni bis September sind die Angebote für die Touristen in vollem Gange. Wer eine extra Dosis Ruhe sucht und auch auf Museen und ausgebaute Infrastrukturen verzichten kann, findet hier das Paradies für den entspanntesten Urlaub der Nebensaison.
Aber auch im Hochsommer sind keine Touristenmassen zu erwarten, von griechischen Pilgerreisenden abgesehen. Tinos bleibt noch ein Insidertipp, eingebettet zwischen den beiden berühmteren Schwestern Andros und Mykonos.
Der Wechsel der Jahreszeiten legt dem Land im Sommer einen goldenen Umhang um. Wie Oasen bleiben einige grüne Flecke. Dank Windgott Aeolos weht immer eine leichte Brise, es wird also nie unerträglich heiß. Die Temperaturen auf Tinos sind aber auch im Frühling und im Herbst mild und machen die Insel damit zum perfekten Ziel für Wanderer und Radfahrer.
Das Netzwerk der Wanderwege zwischen den Dörfern erweist sich als dicht und gut ausgeschildert. Einst waren diese Wege die einzige Verbindung zwischen den etwa 40 Dörfern. Der höchste Gipfel, Tsiknias, ist mit seinen 727 Metern Höhe von überall zu sehen und die allgemein bergige Landschaft sorgt dafür, dass die Inselerkundung zu Fuß oder mit dem Rad herausfordernd bleibt.
Auf den Hügeln wachsen Feigenkakteen, die wunderschön blühen und später süße, saftige Früchte tragen. Vorsicht beim Pflücken! Die winzigen Stacheln, mit denen die Kakteen und das Obst besetzt sind, bohren sich bei der leichtesten Berührung in die Haut. Profis essen Kaktusfeigen mit Messer und Gabel.
Nicht selten trifft man auf Ziegen, besonders dort, wo wenige Menschen unterwegs sind, wie auf dem Weg zum Leuchtturm Livada.
Lifestyle der Tinianer
Die Tinianer lieben ihre Insel und die Insel erwidert diese Liebe. Der große Sinn für Ästhetik liegt den Inselbewohnern im Blut. Sogar ein berühmtes griechisches Volkslied besingt die Tinianer als die besten Architekten, Bauherren und Bildhauer. Jeder einzelne von ihnen ist in irgendeiner Form ein Künstler. Das ist auch am Feingefühl zu erkennen, mit dem das Land in Terrassen angelegt wurde, um für die Landwirtschaft bestellbar zu sein.
Bescheidenheit und einfacher Lebensstil, Sinn für gutes Essen, gelungene Architektur und Gastfreundschaft sind in der DNA dieser Leute. In der Nebensaison ist es nicht selten, in der Taverne an den Tisch zu Einheimischen eingeladen zu werden. Und die tinianische Kulinarik ist eine weitere Form der Kunst, die hier kultiviert wird.
Eine göttliche Insel
Religion hat auf Tinos schon seit jeher eine große Bedeutung. Die Panagia Evangelistria-Kirche dominiert die Hauptstadt Chora, sie ist schon von der Fähre aus zu sehen. Die Basilika gilt als die wichtigste Marien-Wallfahrtsstätte in Griechenland und wird auch „das griechische Lourdes“ genannt.
Ein wundertätiges Marienbild lockt jedes Jahr tausende Pilger in die Basilika, vor allem am 25. März und zum griechischen Feiertag Mariä Himmelfahrt am 15. August, auf Griechisch „Dekapentavgoustos” genannt. Manche Pilger kommen auf Knien angerutscht, der Weg vom Hafen zur Kirche ist deshalb mit Teppich ausgelegt.
Der Ordensschwester Pelagia Negreponte vom orthodoxen Kloster Kechrovoúni erschien 1822 mehrmals die heilige Jungfrau Maria. An der Stelle, die sie im Traum gesehen hatte, grub man dann 1823 eine Marienikone aus. Der Fundort war inmitten der Ruinen einer byzantinischen Kapelle.
Genau an diesem Ort wurde noch im selben Jahr die Wallfahrtsbasilika erbaut. Das Marienbildnis soll vom Apostel Lukas selbst gemalt worden sein und ist heute reich geschmückt mit Edelsteinen, Perlen und Ikonen, Schwester Pelagia wurde heiliggesprochen.
Die Strände von Tinos
Natürlich dürfen Empfehlungen für Traumstrände nicht fehlen. Von der verlassenen Bucht bis zum Strandbad mit jedem Komfort ist auf Tinos garantiert für jeden Geschmack etwas dabei. Kristallklares Wasser und feiner Sand sind der Standard. Welcher Strand es sein soll, ist abhängig davon, aus welcher Richtung der Sommerwind, Meltemi genannt, gerade weht.
Die beste Methode für die Entscheidung ist es, einen der Einheimischen um Rat zu fragen. Die Inselbewohner wissen genau, welcher Sandstrand bei welchen Windverhältnissen am angenehmsten ist: Agios Ioannis, Porto, Agios Sostis, Agios Romanos, Agios Fokas oder Kionia. Kolhimvitra gehört zu den beliebtesten Stränden auf der Insel und bietet gute Infrastrukturen.
Praktisch immer windgeschützt und warm ist der Strand unterhalb von Kardiani, Ormos Yannaki. Die großen, runden Steine sorgen dafür, dass das Wasser noch durchsichtiger ist als an den Sandstränden.
Kaum in einem Touristenführer zu finden, ist der Strand des Marmorsteinbruchs. Der grüne Marmor wird zum natürlichen Pool für das türkise Wasser. Hier zu schwimmen ist ein einmaliges Erlebnis, das jedoch nur wenigen vorbehalten bleibt, denn die Bucht ist sehr schwer zu erreichen.
Die Dörfer von Tinos
Jedes der etwa 40 Dörfer der Insel ist für sich ein Juwel und zeichnet sich durch besondere Charakteristiken aus. Etwa die Hälfte der Tinianer wohnt in der Hauptstadt Chora, wo auch die Fähre anlegt. Die Hauptstadt wuchs um die Wallfahrtskirche herum und das rege Treiben am Hafen lädt zum People-Watching beim Aperitif ein.
Die natürlichen Steinformationen von Volax, dem „Felsendorf“ sind naturgemachte Sehenswürdigkeiten, während die Türen und Fensterläden des Dorfs von Menschenhand mit griechischen Gedichten beschrieben sind.
Kardiani ist das einzige Dorf, das sowohl eine orthodoxe als auch eine katholische Kirche hat. Den katholischen Glauben brachten im 18. Jahrhundert die Venezianer auf die Insel. Kardiani ist ein ausgezeichneter Stützpunkt, um die Insel zu erkunden. Nicht zuletzt, weil das Dorf auf der Südseite liegt und damit windgeschützt bleibt. Mit Tinos Hearts bieten sich zwei Luxusvillen an, in denen sich Besucher wie echte Tinianer fühlen können, ohne dabei auf absoluten Wohnkomfort zu verzichten.
Die Insel aus Marmor
Kardiani, Ysternia und Pyrgos werden auch Marmordörfer genannt. Hier sind die Marmor-Steinbrüche nah und die Kunst der Bildhauerei hat mehrere tausend Jahre Tradition. Der grüne Marmor von Tinos war schon in der Antike ein wertvolles Material und wurde beim Bau des Louvre und des Buckingham Palace eingesetzt. In Pyrgos ist alles aus Marmor, sogar die Bushaltestelle, und das Dorf ist berühmt für seine Kunstschule.
Große Meister wie Gyzis, Lytras, Chalepas, Filippotis und Sochos machten die Bildhauerei der Insel berühmt. Heute lebt das antike Kunsthandwerk in den jungen Generationen weiter. In eindrucksvoller Neuinterpretation kommen antik und modern zusammen. Die dreidimensionale Marmorkunst inspiriert auch kontemporäre Malerinnen, wie Calliope Pavlides. Die Künstlerin widmete ihre Ausstellung von Bildern bei Art Athina der Architektur von Tinos.
Das Marmormuseum in Pyrgos neben der Kunstschule zeigt die Geschichte des Marmors auf Tinos von der Antike bis zur Gegenwart. Ein Must-See!
Statussymbol Taubenturm
Die Größe zählt. Zumindest, wenn wir auf Tinos sind und es um Taubentürme geht. Die einzigartigen Gebäude gibt es auf mehreren Griechischen Inseln, doch hier auf Tinos sind sie besonders groß und kunstvoll.
Einst war der Besitz eines solchen Turms nur dem Feudalherrn gestattet. Erst seit 1715 durften auch die reichen Familien ihre eigenen Taubentürme bauen – wenn sie ein passendes Grundstück und genug Geld dafür hatten. Daraus entstand ein Wettbewerb, von dem wir heute noch profitieren. Interessierte und Architekten aus aller Welt kommen nach Tinos, um die einzigartigen Bauten zu studieren.
Hoch im Turm werden übrigens Tauben gehalten, die zum Verzehr gedacht sind, der Taubenmist ist ein exzellenter Dünger für die fruchtbare Erde der Insel. Das untere Geschoss dient als Stall oder Schuppen.
Die griechische Küche auf Tinos
Die Landwirtschaft hat einen wichtigen Stellenwert auf Tinos, der Boden ist fruchtbarer als auf anderen Inseln der Kykladen. Besonders die Dörfer um Kabos erzeugen einige der besten Produkte, die es im Ägäischen Meer zu finden gibt.
Sie sind bekannt für Käse, Artischocken, Tomaten, Wurstwaren, Wein und Bier. Dementsprechend schmackhaft sind die in Restaurants, Bars und Tavernen angebotenen Speisen und Getränke. Geschmacksexplosionen der mediterranen Küche gehören auf Tinos zum Alltag. Die besten Adressen zum Essen sind in Kardiani, Aetofolia oder Komi.
Sport und Spaß auf der Insel
Bei so viel Kunst und Kultur kann einem richtig schwindelig werden. Zum Glück gibt es genug Möglichkeiten für den Ausgleich. Windsurfen, Kitesurfen und Segeln sind Sportarten, die auf der Insel des Windes immer Hochsaison haben. Der Strand Kolymbithra ist die beste Adresse für Wind- und Kitesurfer. Im Tauchzentrum Paesino in Agios Fokas kann man Segelboote mieten und es werden Tauchausflüge organisiert.
Strandpartys bei Sonnenuntergang, Cocktailbars und Freilichtdiscos machen das Nachtleben interessant. Nicht zuletzt bei einem Schluck Raki, dem Schnaps der Tinianer. Mit dem Aroma von Fenchel, Thymian oder Salbei lässt es sich hervorragend anstoßen und jedes Jahr am 8. September ist dem Raki sogar ein eigenes Fest in Falatados gewidmet.
Bei über 3.000 griechischen Inseln kann es zu Entscheidungsschwierigkeiten bei der Urlaubsplanung kommen. Tinos ist die Trauminsel, bei der alles stimmt.
Unsere Lesetipps zu den Griechischen Inseln
Lydia Stöflmayr
Texterin & Autorin
Lydia ist freie Texterin, Autorin und Dolmetscherin. Sie liebt es, neue Sprachen, Kulturen und Mentalitäten kennenzulernen. Dabei spielt Sprache eine wesentliche Rolle und eben vor allem die richtigen Worte zu finden. Diese Aufgabe hat sie zu ihrer Profession gemacht.
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